Filmkritik zu "Glass": Spiel nicht den Superhelden!

Samuel L. Jackson sitzt als Titelheld Mr. Glass in Shyamalans „Glass“
M. Night Shyamalan beendet nach „Unbreakable“ und „Split“ seine lose Superhelden-Trilogie mit Furore.

Superheld oder Superspinner – das ist hier die Frage.

Ist der unverwundbare David Dunn, der Eisenstangen wie Butter biegen kann, tatsächlich unverwundbar – oder einfach nur sehr stark? Hat der verrückte Kevin Wendell Crumb, der wie eine Fliege die Wand hinauflaufen kann, tatsächlich übernatürlich Kräfte – oder ist er nur ein talentierter Kletterer? Und besitzt der mysteriöse Mr. Glass, dessen Knochen zerbrechlich sind wie Sektgläser, ein Superhirn – oder ist er schlicht geisteskrank?

„The Sixth Sense“-Regisseur M. Night Shyamalan hat seine Superhelden-Trilogie mit Furor beendet. In „Glass“ versammelt er die zentralen Figuren seiner großen Hits zum beeindruckenden Klassentreffen: Samuel L. Jackson und Bruce Willis aus seinem verkulteten Superhero-Juwel „Unbreakable“ brillieren neben James McAvoy und seinen multiplen Charakteren aus „Split“.

"Glass": Außergewöhnliche Gruppentherapie

In „Unbreakable“ überlebte Bruce Willis als Mr. Dunn ein Zugsunglück unverletzt und ließ sich daraufhin von dem zerbrechlichen Comic-Book-Spezialisten Samuel L. Jackson alias Elijah Price davon überzeugen, dass er unverwundbar, also ein menschlicher Superheld sei.

Das geschah im Jahr 2000, zu einem Zeitpunkt, als die Superhelden noch nicht seriell das Blockbuster-Kino verwüsteten.

Irre

Sechzehn Jahre später, in „Split“, leidet James McAvoy als Kevin Wendell Crumb an einer massiven Persönlichkeitsstörung. Unter anderem verwandelt er sich in „The Beast“, bläst sich zu gorillaartiger Größe auf und zermanscht Menschen.

In „Glass“ schließlich vereint Shyamalan seine Erfolgstruppe in einer Irrenanstalt. Alle drei – ein angegrauter Bruce Willis als Mr. Dunn, ein hyperaktiver James McAvoy als „The Beast“ und Samuel Jackson als Titelheld Mr. Glass – befinden sich in einem Hochsicherheitsgefängnis. Dort erklärt ihnen eine Psychiaterin mit sanfter Stimme, dass die Welt leider doch kein Comic-Hefterl ist; und sie, die drei Herren, daher auch keine Superhelden, sondern nur drei Typen mit einem schweren Klescher.

Shyamalan erzielt Hochspannung auf engstem Raum und mit geringen Mitteln. Oft reicht ihm nur ein Scheinwerfer. Seine Schauspieler zwingt er zu einer (zähen) Tour de Force, allen voran den armen James McAvoy, der mit seinen mannigfachen Figuren Schwerstarbeit leistet: Mal brüllt er wie ein Löwe, mal lispelt er wie ein Neunjähriger – dazwischen erleidet er Epilepsie-ähnliche Anfälle. Sieht alles sehr anstrengend (und manchmal auch etwas albern) aus. Da bleibt Bruce Willis vergleichsweise schweigsam, während Samuel L. Jackson lange Zeit nur stier schaut oder mit einem Auge zuckt.

Hysterische Geigen kratzen auf dem Soundtrack, eine nervöse Kamera blinzelt ins Gegenlicht. Zahllose Plot-Twists, eine (umstrittene) Spezialität des Regisseurs, reißen die Handlung hin- und her. Und natürlich hat M. Night Shyamalan auch seinen üblichen Cameo-Kurzauftritt. Nicht umsonst heißt sein großes Vorbild Hitchcock.

INFO: USA 2019. 129 Min. Von M. Night Shyamalan. Mit James McAvoy, Bruce Willis, Samuel L. Jackson.

Filmkritik zu "Glass": Spiel nicht den Superhelden!

James McAvoy als "The Beast" in "Glass"

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