Filmkritik zu "Burning": Dreiecksbeziehung Gangnam-Style

Tödliches Liebesdreieck, inspiriert von Haruki Murakami: "Burning"
Magischer koreanischer Mystery-Thriller nach einer Kurzgeschichte von Bestseller Haruki Murakami

Manche Namen muss man sich hinter die Ohren schreiben, weil sie schwer zu merken sind. Bong Jong-ho zum Beispiel, oder Lee Chang-dong, beides hervorragende Vertreter des koreanischen Kinos. Bong Jong-ho hat gerade in Cannes die Goldene Palme gewonnen, Lee Chang-dong trat dort vergangenes Jahr im Wettbewerb an. Nun gibt es die schöne Gelegenheit, seinen hypnotisierenden Thriller „Burning“ im Kino auf der Leinwand verglühen zu sehen.

Lee Chang-dong ließ sich für „Burning“ von einer Kurzgeschichte des japanischen Bestseller-Autors Haruki Murakami inspirieren. Aber auch William Faulkner stand Pate und F. Scott Fitzgeralds „Der Große Gatsby“. In scheinbar harmlosen, aber seltsam hintergründigen Bildern entfacht der Regisseur zu spartanischem Sound fast unmerklich ein scheues Mystery-Drama.

Burning

Eine kaum merkliche Unheimlichkeit schleicht sich in die müßigen Nachmittage, die der arbeitslose Möchtegern-Schriftsteller Jongsu auf dem heruntergekommenen Bauernhof seines Vaters verbringt. Jongsu ist ein hübscher Bursche, wenngleich von einer Lethargie beseelt, die an Temperamentlosigkeit grenzt. In Seoul trifft er auf eine junge, charismatische Frau namens Haemi. Jongsu hat keine Erinnerungen an Haemi, obwohl sie behauptet, ihn aus der Schulzeit zu kennen. Als sie ihn bittet, während einer Reise auf ihre Katze aufzupassen, kann er sein Glück kaum fassen.

Ménage à trois

Bei ihrer Rückkehr holt Jongsu sie freudig vom Flughafen ab, doch die Enttäuschung folgt auf dem Fuß: Haemi hat einen schnöseligen jungen Mann namens Ben im Schlepptau und weicht nicht mehr von seiner Seite. Ben ist Porsche-reich, pflegt einen luxuriösen Seouler Gangnam-Lifestyle und hört Opernmusik beim Pasta-Kochen. Im Gegensatz dazu befindet sich das Anwesen von Jongsu nahe an der nordkoreanischen Grenze, wo aus Lautsprechern permanent Propaganda-Gebrüll schallt.

Filmkritik zu "Burning": Dreiecksbeziehung Gangnam-Style

Dreiecksbeziehung wider Willen: Yoo Ah-in in „Burning“ 

Was Ben an der Ménage à trois mit seinen Underdog-Freunden so reizvoll findet, kann sich niemand recht erklären. Doch nach einer durchzechten Nacht gesteht er Jongsu, dass er gerne Gewächshäuser niederbrennt. Regelmäßig. Und das nächste würde sich ganz in der Nähe von Jongsu befinden.

Es ist nicht das Ereignishafte, das Vordergründige, was die Faszination an Lee Chang-dongsBurning“ ausmacht. Im Radio wird die hohe Jugendarbeitslosigkeit diskutiert; junge Menschen können ihre Kreditkartenschulden nicht mehr bezahlen und verschwinden. Jongsu hat einen wiederkehrenden Albtraum, der von einem feurigen Kindheitstrauma rührt: Auf Befehl seines hasserfüllten Vaters musste er die Kleider der Mutter verbrennen, nachdem diese die Familie verlassen hatte; eine Arbeitskollegin von Haemi beklagt sich über die Unmöglichkeit, in der Gesellschaft ihren Platz zu finden: „Korea ist kein gutes Land für Frauen.“

Es sind die scheinbaren Nebensächlichkeiten, die absichtslosen Blicke, die zufälligen Beobachtungen, die Lee Chang-dongs Bildern ihre Trance-artige Qualität verleihen. Ihre unterschwellige Glut beginnt erst mit Zeitverzögerung zu brennen. Langsam, rätselhaft und unvergesslich.

INFO: Südkorea 2018. 148 Min. Von Lee Chang-dong. Mit Yoo Ah-in, Jun Jong-seo, Steven Yeun.

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