Immerhin kündigt sich zu Beginn so etwas wie eine Emanzipationsgeschichte an: Die Beziehung zwischen Alma und ihrem um vieles älteren Ehemanns Gustav Mahler steht im Zeichen klassischer Geschlechterverhältnisse. Er ist berühmter Komponist, sie seine kompetente Assistentin.
Ihre eigenen Ambitionen als Musikerin und Komponistin versickern im Schatten des Genies. Als Mahler versehentlich einen Liebesbrief des Architekten Walter Gropius abfängt, schleudert ihm Alma ihre Frustration ins Gesicht. Mahler schwört Besserung, ist aber ein paar Monate später bereits tot.
Die gewonnene Freiheit füllt sich alsbald mit Heiratsanträgen. Zwar werden Almas künstlerische Talente immer wieder behauptet, die Regie interessiert sich jedoch hauptsächlich für das polyfone Liebesleben der lustigen Witwe.
Toxische Beziehung
Die Anwärter stehen Schlange – neben dem spießigen Gropius allen voran der Exzentriker Oskar Kokoschka. So radikal seine Kunst, so konventionell sein Werben: Auch der junge Wilde hat außer Sex nur Heirat im Kopf.
Damals nannte man das eine Amour fou, heute würde man die Beziehung als toxisch bezeichnen: Leidenschaftliche Liebesszenen zwischen Alma und Oskar wechseln mit schäumenden Eifersuchtsszenarien ab, deren Klischeehaftigkeit kaum ein interessantes Bild zulässt. Emily Cox bleibt als Alma angenehm verhalten, kann aber im Gegenzug nur wenig Charisma entwickeln. Valentin Postlmayr wiederum spielt den brütenden Kokoschka mit beeindruckender Schwerkraft. Fleißig frequentiert er die Loos-Bar, wo ein paar Originale der Wiener Kaffeehausszene herumsitzen („Halt die Pappn, Altenberg!“). Doch auch er bleibt gefangen in Dieter Berners konventionellem Kostümreigen der Wiener Moderne.
INFO: Ö/D/CH/CZE 2022. 88 Min. Von Dieter Berner. Mit Emily Cox, Valentin Postlmayr.
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