Filmkritik zu "Ad Astra" mit Brad Pitt: Mann, Mond und Melancholie

Brad Pitt leuchtet als einsamer Stern im düsteren Weltall: „Ad Astra“
Brad Pitt sucht das Weltall nach seinem verschollenen Vater ab. Frauen bleiben natürlich zu Hause.

Brad Pitt sei dann am Besten, wenn er eine Nebenrolle spiele, schrieb eine amerikanische Journalistin. Denn: Er ist ein Charakterschauspieler, gefangen im Körper eines Filmstars.Dass Brad Pitt nicht nur in der zweiten Reihe strahlt, wie zuletzt als genialer Sidekick von Leonardo DiCaprio in „Once Upon a Time ... in Hollywood“, beweist er jetzt in der Weltraum-Odyssee „Ad Astra“ (ab Freitag im Kino).

Ad Astra

Gut zwei Stunden lang ist Brad Pitt in fast jeder Einstellung zu sehen, sehr oft davon in grübelnder Großaufnahme: Charakterdarsteller und Filmstar verschmelzen im besten Sinne. Man könnte Hollywoods Golden Boy endlos zusehen, selbst dann, wenn er nichts anderes tut, als sich Gedanken zu machen.

Spannend, wofür ihn die Academy für einen Oscar nominieren wird: Beste Hauptrolle („Ad Astra“) oder beste Nebenrolle („One Upon A Time ...“). Oder beides.

Cool

In „Ad Astra“, einem elegischen, formschönen Sci-Fi-Trip von Regisseur James Gray, spielt Pitt einen mundfaulen Astronauten namens Roy McBride. Seine Vorgesetzten schätzen Roy, weil er in jeder Stress-Situation cool bleibt und seine Pulsrate nie 80 pro Minute überschreitet.

Tatsächlich muss er bald starke Nerven beweisen, denn elektromagnetische Stürme drohen, das gesamte Solarsystem zum Einsturz zu bringen. Die Lage spitzt sich zu, als niemand Geringerer als Roys eigener Vater verdächtigt wird, diese Situation zu verschulden.

Clifford McBride (Tommy Lee Jones) war ebenfalls legendärer Astronaut und ging im Zuge einer geheimen Mission im All verloren. Seinem Sohn gilt er als großes Vorbild. Roy hält seinen Vater für heldenhaft und tot. Doch die Stromstöße weisen darauf hin, dass sich der Alte höchst lebendig irgendwo bei Neptun versteckt hält und Blitze schießt. Roy soll Kontakt zu ihm aufnehmen und ihn auf die Erde zurückholen.

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Donald Sutherland (li.) als Astronaut in "Ad Astra"

Space-Cowboy

Regisseur James Gray kommt aus der amerikanischen Independent-Szene und hat einen Hang zum Männerkino.

Mit „Ad Astra“ inszenierte er überlegen seinen ersten Sci-Fi-Blockbuster, in klaren Weltraumbildern, mit stilsicherer Eleganz und gezieltem Grandeur. Gleichzeitig verbeugt er sich vor seinen wichtigen Einflussgebern wie „2001: Odyssee im Weltraum“ über „Gravity“ bis hin zu „Apocalypse Now“.

Nicht Action und Thrill stehen im Vordergrund, obwohl Gray beispielsweise mit lockerer Hand eine unglaubliche Autoverfolgungsjagd auf dem Mond aus dem Ärmel schütteln kann. Das hat die Welt noch nicht gesehen; selbst Roy muss kurz schlucken, als er von Weltraum- Piraten attackiert wird.

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Einsam im All: Brad Pitt

Doch eigentlich interessiert er sich in erster Linie für die existenzielle Einsamkeit seines Helden. Schwarz liegt das All vor ihm, als düsterer Echoraum seiner Einsamkeit. Schlafwandlerisch taumelt er durch die Galaxien und sehnt sich nach dem verlorenen Vater. Auf der Tonspur begleiten seine traurigen Gedanken monologisierend aus dem Off ein traumtänzerisches, zeitzerdehntes Weltraumabenteuer, das sich wie ein philosophischer Essay im Astronautenanzug anfühlt.

Frauen spielen so gut wie keine Rolle in „Ad Asta“. Roys eigene Frau hat sich längst von ihrem wortkargen Space-Cowboy-Gemahl verabschiedet, und Liv Tyler hat wohl keine fünf Minuten gebraucht, um ihren Sprechtext zu lernen. Hingegen geht es um Männer und Melancholie, Väter und Söhne, Selbstmitleid und Härte gegen sich selbst. Und das Weltall – ist für James Gray weniger Raum als vielmehr Zustand.

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Melancholischer Weltraumphilosoph: Brad Pitt in "Ad Astra"

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