Anderssons Taube auf Zweig erobert Goldenen Löwen

Der schwedische Regisseur gewinnt den Hauptpreis für seinen Film über eine Taube auf dem Ast.

Roy Andersson gewinnt den Goldenen Löwen für Schweden. Großer Preis der Jury für Genozid-Doku.Der Goldene Löwe von Venedig geht heuer nach Schweden: Die Wettbewerbsjury (darunter die österreichische Regisseurin Jessica Hausner) entschied sich für Roy Anderssons skurril-melancholischen Film „A Pigeon Sat on a Branch Reflecting on Existence“. Der 71-jährige Andersson, der insgesamt nur fünf Spielfilme drehte, dafür vielfach als Werbefilmer arbeitete (u.a. für Felix Tomatenketchup) konnte mit seiner eigenwilligen Groteske auf die Kultur Schwedens die Jury für sich gewinnen.

Andersson ist berühmt für seine langen Einstellungen, in denen sich weiß geschminkte Menschen in absurden Situationen befinden, beim Flaschenöffnen tot umfallen oder Schnäpse gegen Küsse eintauschen. Seine grimmige Tragikomödie, in fahle Farben getaucht und aus der Perspektive einer Taube erzählt, riss sein Publikum zu Lachstürmen hin. Tatsächlich ist die hoch stilisierte Welt des Roy Andersson von unverwechselbarer Handschrift, gleichzeitig aber auch ein wenig leer.

Der Große Preis der Jury ging an die Doku über den Genozid in Indonesien in den 60er Jahren, „The Look of Silence“ des Amerikaners Joshua Oppenheimer. Der niederschmetternder Film erzählt die Geschichte eines Indonesiers, der die Mörder seines Bruders sucht. Diese leben als freie Männer im Land und grinsen ihm meist reuelos ins Gesicht.

Die Gewinner im Überblick

Anderssons Taube auf Zweig erobert Goldenen Löwen

Swedish director Roy Andersson gestures as he hold
Anderssons Taube auf Zweig erobert Goldenen Löwen

Anderssons Taube auf Zweig erobert Goldenen Löwen

Der österreichische Essayfilm „Im Keller“ von Ulrich Seidl lief außer Konkurrenz. Das hoch gelobte Erstlingswerk von Veronika Franz und Severin Fiala, der Horrorfilm „Ich Seh Ich Seh“ startete in den „Orizzonti“, erhielt aber keinen Preis.

Drohnenkrieg

Das Wettbewerbsprogramm selbst begann fulminant mit Alejandro Iñarrítus Superhelden-Tragikomödie „Birdman“ – und endete mit Andew Niccols gescheitertem Militär-Drama „Good Kill“: Darin spielt Ethan Hawke einen Soldaten, der mittels Joystick Menschen tötet, die Tausende Kilometer weit entfernt leben. Der nach jedem Treffer „Good Kill“ sagt und abends nach Hause zur Familie geht. Die Technologie des Drohnenkrieges und was sie mit der Psyche anstellt – ein spannendes Thema: Leider vergeigt Niccol sein Potential, in dem er es in die Konventionen eines Durchschnittsdramas zwängt. Schade, denn man hätte sich ein stärkeres Ende für ein insgesamt starkes Filmfestival gewünscht.

Spezialpreis der Jury

Der deutsch-türkische Film "Sivas" wurde mit dem Spezialpreis der Jury ausgezeichnet. Das Werk des in Berlin lebenden Kaan Müjdeci handelt von einem Buben und dessen Kampfhund in einem türkischen Dorf.

Für das beste Drehbuch wurde "Ghesseha" (Tales) der iranischen Regisseurin Rakhshan Bani-Etemad ausgezeichnet. "Das ist ein riesiges Geschenk für alle Iraner, die den Film lieben", kommentierte die Regisseurin bei der Preisverleihung. Bani-Etemad bietet in ihrem Werk ein breites Panorama der modernen Gesellschaft in ihrem Land an. Die Filmemacherin konzentriert sich dabei auf Frauenfiguren. Einem vom Westen erwarteten Klischee - das der unterwürfigen Frau - begegnet man im Film allerdings nicht.

"Ich seh Ich seh" ging leer aus

In der Orizzonti-Schiene eroberte der indische Film "Court" des Regisseurs Chaitanya Tamhane den ersten Preis. Der von Ulrich Seidl produzierte Film "Ich seh Ich seh" von Veronika Franz und Severin Fiala, dem in dieser Schiene gute Chancen eingeräumt wurden, ging leer aus.

Das Filmfestival von Venedig ist das älteste der Welt. Es zählt neben Cannes und Berlin zu den wichtigsten der Branche.

Die Gewinner der letzten Jahre

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