Filmfestival Venedig: Zwei (misslungene) Filme zu #MeToo und toxischer Männlichkeit

Filmfestival Venedig: Zwei (misslungene) Filme zu #MeToo und toxischer Männlichkeit
Ein Mann versteckt eine gefesselte Frau im Keller, ein anderer überschreitet beim Sex die Grenze zur Vergewaltigung: "America Latina“ und "Les choses humaines“

Ein Mann geht in seinen Keller, um eine neue Glühbirne zu holen. Anstelle der Lampe findet er dort eine  gefesselte, blutverschmierte junge   Frau. Im ersten Schock möchte er sofort die Polizei rufen, doch dann kommen im Zweifel: Wie kommt diese Frau in seinen Keller? Hat er sie vielleicht selbst dort hingebracht? Ein Verbrechen begangen? Und es dann vergessen?

Er beginnt, Worte wie „Gedächtnisverlust“ und  „Halluzination“ zu googeln. Seine Hände zittern.

Der vielstrapazierte Begriff von toxischer Männlichkeit hat die italienischen Zwillingsbrüder Damiano und Fabio D’Innocenzo  zu dem verqueren Familiendrama „America Latina“ inspiriert, das im Wettbewerb um den Goldenen Löwen in Venedig gezeigt wurde.  

Ist der freundliche Familienmensch und Zahnarzt, verheiratet mit einer liebenden Frau und Vater zweier netter Mädchen, doch nicht so freundlich? Birgt sein luxuriöses Haus in der italienischen Provinz Latina ein düsteres Geheimnis – im Keller?

Nichtssagend

Elio Germano spielt mit Schweißperlen auf der Stirn den zerquälten Zahnklempner, der selbst nicht mehr weiß, wer er ist. Seine besorgte Frau bittet ihn, zum Psychologen zu gehen, doch ist ihre Erscheinung seltsam geisterhaft. Hat es etwas zu bedeuten, dass im Fernsehen der Mord einer Familie gemeldet wird?

Der Blick hinter die Fassade einer scheinbar heilen Familie verdichtet sich zu einem nebulosen Thriller im Halbschatten. Die Kamera klebt sich in Großaufnahmen an das letztlich nichtssagende Gesicht eines Mannes, dem die Realitäten entgleiten. Er wird zum Zentrum einer Identitätskrise, die jede Frage offen lässt und ihre eigene Substanzlosigkeit  mit Pseudo-Spannung kaschiert. Die Frauen um ihn herum verkommen zum Illustrationsmaterial für einen gewalttätigen Mann und seine gestörte Psyche.

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