Denn es ist nicht nur dieser Hit, den Fettes Brot mit einer infektiösen Vitalität in das Oval der Halle schmettern. Fast jeder Song kommt rüber, als wären die Herren mit den schon leicht grauen Schläfen gerade Anfang 20 und drauf gepolt, die Welt zu erobern. In Wirklichkeit sind sie nur mehr knapp unter 50 und unterhalten uns seit fast 30 Jahren mit variantenreichen Beats, markanten Hooks bei den Refrains und humorvollen Raps, die immer wieder auch Sozialkritisches aufgreifen.
Natürlich gibt es bei dem Abschiedsprogramm im Gasometer, das - wegen der Hamburger Herkunft - vor einer Schiffskulisse stattfindet, einen Überblick über dieses Schaffen und den Variantenreichtum, der die Alben und vor allem die Live-Shows dieser Band immer ausgezeichnet hat. Denn viele der Begleitmusiker sind Multiinstrumentalisten, die soulige Bläser genauso spielen, wie Turntables oder Percussion, Bass, Drums und Keyboards. Sie reichern „Ich liebe mich“ mit jazzigen Klaviertupfern an. „Für immer Immer“ verbreitet wuchtig rockiges Flair, „Spitzer Stein“ wird mit dem Einsatz einer Tuba zu einem Schunkel-Rap und „Das letzte Lied auf der Party“ ist lupenreiner Disco-Pop.
Außerdem hat sich das Trio immer wieder Pop-Klassiker angeeignet und zu Hits gemacht: „The Grosser“ basiert auf der Melodie von „The Joker“ von Steve Miller, „Hamburg Calling“ auf „London Calling“ von The Clash und „An Tagen wie diesen“ auf den Harmonien von Falcos „Jeanny“. Da gibt es neben und mit den Hip-Hop-Beats für jeden Geschmack etwas, weshalb sich die Stimmung der Abschiedsparty immer weiter hochschraubt - und die Temperatur im Gasometer auf gefühltes Sauna-Niveau.
Nach dem Durchbruchshit „Nordisch by Nature“ vereinen Fettes Brot das Gasometer-Publikum zum Massenchor, der zur Melodie von „Guantanamera“ inbrünstig „Emanuela, wir singen Emanuela“ singt, bevor die Rapper in diesen Riesenhit fallen.
Eine weitere Überraschung gibt es in der ersten Zugabe: Die Drei kommen für eine Art Akustik-Teil vor den Vorhang, der jetzt die Schiffkulisse verdeckt, wollen, nachdem sie schon fast zwei Stunden nur gerappt und gesungen haben, jetzt auch mal etwas spielen. Mit Vandreier an der Gitarre, Warns an Drums und Keyboards und Lauterbach am Bass, wird „Was in der Zeitung steht“ intoniert.
Irgendwie chaotisch klingt das schon, aber es wird mit so viel Enthusiasmus und Spitzbuben-Charme dargebracht, dass es trotzdem riesigen Spaß macht. Noch mehr, als sich das Trio dann bei einem halb improvisierten und ganz simplen Couplet-Gstanzl über unsere Hauptstadt immer wieder neue Reime auf Wien einfallen lässt. Als Dank dafür fliegt der BH einer Verehrerin auf die Bühne.
Natürlich muss dann in einer zweiten Zugabe noch einmal die ganze Band auf die Bühne kommen und mit den noch fehlenden Hits „Bettina, zieh dir bitte etwas an“ und „Kannste kommen“ loslegen – so, dass die Stimmung endgültig überkocht.
Man wird es erst zuhause spüren, wie sehr dieses rundum aufbauende, spannende und spaßige Konzert die Wehmut darüber, dass es das letzte war, noch verstärkt hat. Aber danke Fettes Brot, dass wir euch so energetisch und kraftvoll in Erinnerung behalten dürfen. Die Mission der Abschiedstour ist erfüllt.
Kommentare