Festspielaffäre: Jetzt kommen Anklagen

Festspielaffäre: Jetzt kommen Anklagen
Aufgeflogen sind die Vorgänge um die Salzburger Osterfestspiele bereits 2010. Nun soll es laut Staatsanwaltschaft zu zwei Anklagen kommen.

Fast zwei Jahre hat die Staatsanwaltschaft Salzburg in der Causa "Osterfestspielaffäre" wegen ungereimter Geldflüsse von rund zwei Millionen Euro ermittelt. Jetzt liegt ein "Vorhabensbericht" der Behörde auf dem Tisch, in dem festgehalten ist, dass der ehemalige Geschäftsführer der Osterfestspiele, Michael Dewitte (45), und der ehemalige Technische Direktor der Sommerfestspiele, Klaus K. (51), wegen des Verdachtes der Untreue bzw. der Beitragstäterschaft angeklagt werden sollen. Die Staatsanwaltschaft geht vorerst von einem Gesamtschaden in der Höhe von 657.000 Euro aus, wie Mediensprecherin Barbara Feichtinger am Donnerstag der APA bestätigte.

Ermittlungen gegen 14 Verdächtige

Ermittelt wurde gegen insgesamt 14 Verdächtige. Die Malversationen bei den Osterfestspielen samt Verstrickungen mit den Sommerfestspielen sollen im Zeitraum von 1997 bis Dezember 2009 erfolgt sein. Gegen sechs Beschuldigte wurde das Strafverfahren bereits eingestellt. Bei diesen Personen handelt es sich um den ehemaligen Zwei-Prozent-Eigentümer der Osterfestspiele und dessen Kanzleipartner, weiters einen Geschäftsführer einer Wiener Steuerberatungskanzlei, eine ehemalige Buchhalterin der Osterfestspiele, den mittlerweile pensionierten Kaufmännischen Direktor der Salzburger Festspiele und die Protokollchefin der Salzburger Festspiele.

Die Anklagebehörde hat nun weitere Verfahrenseinstellungen vor: Diese betreffen eine Angehörige Dewittes und ein Ehepaar aus Niederösterreich, das mit Klaus K. befreundet war. Weiters wurde das Strafverfahren gegen drei Geschäftsführer zweier Zulieferfirmen wegen des Verdachtes der betrügerischen Krida zulasten des Salzburger Festspielfonds ausgelagert.

Der Vorhabensbericht der Staatsanwaltschaft muss noch von der Oberstaatsanwaltschaft Linz und dem Justizministerium in Wien abgesegnet werden. Es können auch noch Ermittlungsergänzungen angeordnet werden. Wann der Bericht wieder retour nach Salzburg kommt, darüber kann nur spekuliert werden. Der Akt umfasst 19 Bände. Möglicherweise könne sie die Anklage vor Weihnachten verkünden, sagte Feichtinger.

Vorwürfe

Der Ex-Geschäftsführer der Osterfestspiele wird als Hauptverdächtiger geführt. Ihm lastet die Staatsanwaltschaft das Vergehen der Untreue mit einem Schaden von 615.000 Euro zulasten der Osterfestspiele an. Diesen Betrag habe er als Geschäftsführer widerrechtlich verwendet - für sich und teilweise auch für den damaligen Technischen Direktor Klaus K. In diesen Betrag inbegriffen ist auch die dubiose "Provisionszahlung" von 300.000 Euro aus einer Spende des russischen Mäzens Igor Vidyaev. Weiters soll sich Dewitte ungerechtfertigt als Geschäftsführer des "European Art Forum" angemeldet haben, obwohl Tätigkeiten für diesen Verein grundsätzlich ehrenamtlich erfolgten. Für den Verein sei ein Schaden in der Höhe von 35.666 Euro wegen der zu leistenden Abgaben- und Sozialversicherungsbeiträge entstanden, lautete der Vorwurf der Staatsanwaltschaft.

Dem ehemaligen Technischen Direktor wirft die Staatsanwalt Beitragstäterschaft zur Untreue in der Höhe von zumindest 300.000 Euro vor. Dabei handelt es sich wieder um die Provisionszahlung aus der Vidyaev-Stiftung. Diese Summe ging nicht an den Verein der Förderer der Osterfestspiele, sondern Dewitte soll sich den Betrag an eine Briefkastenfirma mit Sitz in Belize in der Karibik weitergeleitet haben. Klaus K. habe die Briefkastenfirma gegründet und Konten zur Transferierung der Gelder eingerichtet, heißt es. Vidyaev hatte den Osterfestspielen eine Spende über insgesamt 2,5 Mio. Euro zugesagt. Er überwies in einer ersten Tranche 800.000 Euro, davon soll sich Dewitte die Provision abgezweigt haben.

Der Vorhabensbericht wurde aufgrund des vorliegenden konkreten Ermittlungskomplexes erstellt. Die Staatsanwaltschaft hat in der Causa "Festspielaffäre" ihre Ermittlungen aber noch nicht abgeschlossen. Überprüft werden noch Reisekostenabrechnungen in der Höhe von 521.000 Euro, die Dewitte möglicherweise entgegen seines Dienstvertrages widerrechtlich gestellt hat. "Wir müssen noch Buchhaltungsunterlagen beiziehen", sagte Feichtinger. Auch im Fall Klaus K. sollen noch weitere Vorwürfe geprüft werden.

Die lange Verfahrensdauer rechtfertigte Feichtinger mit mehreren, umfangreichen Rechtshilfeersuchen. Jenes an die Schweiz habe einen längeren Zeitraum in Anspruch genommen. Es betraf wiederum die Provision von 300.000 Euro, die im Kreis geschickt worden sei. Zudem waren auch Hausdurchsuchungen und Kontoauskünfte notwendig, sagte die Staatsanwältin. Die Rolle der Zulieferfirmen müsse ebenfalls noch einer Detailüberprüfung unterzogen werden.

Von Karajans One-Man-Show zu neuer Struktur

Unabhängig davon, wie dieses Verfahren ausgehen wird, hat das Bekanntwerden der Malversationen vor zwei Jahren schon zu einer grundlegenden Strukturänderung der Osterfestspiele geführt.

Vater des Festivals war die Dirigentenlegende Herbert von Karajan, der 1966 die Osterfestspiel GmbH gründete und im darauffolgenden Jahr startete. Der geschäftstüchtige Chefdirigent der Berliner Philharmoniker wollte damit nicht nur einen neuen Fixpunkt im Veranstaltungskalender kreieren, sondern sich damit auch eine neue Vermarktungsschiene für seine Schallplatten verschaffen: Dem zahlungskräftigen Publikum wurde genau jene Kost aufgetischt, die der Maestro kurz davor mit dem Klangkörper eingespielt hatte. Unterstrichen wurde die Einzigartigkeit des Festivals damit, dass sich die "Berliner" nur hier in das sonst gemiedene Opernfach begaben.

Die Osterfestspiele waren daher von Anbeginn quasi Karajans Privat-Festspiele, für die er auf öffentliche Zuschüsse verzichtete und sehr teure Karten auflegte. Im künstlerischen Mittelpunkt standen je eine aufwendige Opernneuproduktion im Großen Festspielhaus und das große Orchester-Repertoire mit den Berliner Philharmonikern.

Zäsur

Der Tod des Maestros 1989 brachte eine Zäsur in der künstlerischen Weiterentwicklung der Osterfestspiele und auch eine deutlichere Abgrenzung zu den Sommerfestspielen, mit denen bis dahin eng zusammengearbeitet worden war - Karajan hatte auch dieses Festival geleitet. In der Struktur blieb das Festival aber unverändert: 98 Prozent der GmbH hielt die Herbert-von-Karajan-Osterfestspiel-Stiftung, über die restlichen zwei Prozent verfügte Karajans Schulfreund und Festivalmitbegründer Erich Aigner, der auch 20 Jahre lang Geschäftsführer war, bzw. in der Folge dessen Sohn Christoph Aigner.

1998 ging die bisherige Herbert-von-Karajan-Osterfestspiel-Stiftung mit Sitz in St. Moritz in der Herbert von Karajan Stiftung Salzburg auf und trägt seither den Namen "Stiftung Herbert von Karajan Osterfestspiele Salzburg". Das Präsidium bildeten seit damals Eliette von Karajan als Präsidentin und der Landeshauptmann bzw. die Landeshauptfrau von Salzburg als Geschäftsführende(r) Präsident(in).

Nach dem Auffliegen der Affäre wurden die Osterfestspiele dann im Vorjahr auf völlig neue Beine gestellt: Stadt, Land und die Salzburger Land Tourismus Gesellschaft (SLTG) stiegen in die Gesellschaft ein und halten seither je 20 Prozent, die Stiftung "Herbert von Karajan Osterfestspiele" verfügt über 25 Prozent und der Verein der Förderer der Osterfestspiele über 15 Prozent. Die Berliner Philharmoniker waren in den Prozess dieses Umbaus eingebunden und sind seither auch im Aufsichtsrat vertreten. Das Orchester kündigte aber heuer seinen Abschied vom Osterfestival nach 2012 an, ab 2013 wird ihm die Staatskapelle Dresden unter Christian Thielemann folgen

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