Fendrich-Musical: Außerhalb Austrias ist nix fix

"I am from Austria" im Raimund Theater in Wien
Spiegel Vision. Nachbetrachtung zur Premiere des Fendrich-Musicals "I Am From Austria".

Von Markus Spiegel

Ein neuerlicher Flop einer Musical-Produktion der Vereinigten Bühnen Wien würde die Stadt rund 2,3 Millionen Euro kosten. Nun, man kann getrost aufatmen. Die gut aufgefrischte Wiederaufnahme "Der Tanz der Vampire" im Ronacher wird zum Dauerläufer und Fachleute bescheinigen dem neuen Jukebox-Musical "I am from Austria" mit den Hits von Rainhard Fendrich großes Erfolgspotenzial. Da kann nichts schiefgehen, obwohl der Kitsch unüberbietbar und der Humor grenzwertig ist. Die meist symphonisch exzellent arrangierten und musikalisch modifizierten Songs sind hörenswert. Fendrichs bisherigem Oeuvre muss man Respekt zollen, Er hat mittelmäßige bis grandiose Kompositionen geschaffen. Seine Texte schwanken zwischen groben Plattitüden, feinem Humor und geistreichen Pathos. Diese Spannbreite ist selten.

Für eine akzeptable Auslastung benötigt man dringend Reisebusse aus den Bundesländern. Endlich haben sie Vorfahrt für einen recht vergnüglichen Abend knapp über dem Niveau eines Musikantenstadels. Jedoch, Reiseunternehmen aus dem benachbarten Ausland werden auch diesmal ihren Fuhrpark nicht in Bewegung setzten. Das liegt primär am Titel "I Am From Austria" und der derzeit mangelnden Popularität Fendrichs in diesen Ländern. Wenn Österreicher nach Hamburg fahren, schauen sie sich "Der König der Löwen" an und nicht sinngemäß "I Am From Germany". Neben "Schikaneder" ist "I Am From Austria" die zweite falsche Titelgebung einer VBW-Eigenproduktion hinsichtlich möglicher Auslandslizensierungen.

Sinnlichkeit?

Hinzu kommt die unprofessionelle, irritierende Konzeption der Plakate. Darauf befinden sich zwei Models (!), die sich treuherzig anschauen, und im unteren Bereich ist eine kleine Sachertorte abgebildet. Liebe und Kulinarik sind natürlich eng verbunden, werden aber von weißer, also septischer Hintergrundfarbe konterkariert. Sinnlichkeit passé! Qualifizierte Werbeprofis waren da nicht am Werk bzw. hatten falsche Vorgaben vom Auftraggeber.

Noch ein Einwand zum Thema Laufzeit: Nur über 40-Jährige kennen Fendrich wirklich. Jüngeren ist die Austro-Pop-Ikone fast unbekannt. Da stellt sich die Frage, ob man das Theater über sechs Monate hinaus, trotz üblicher Gratis-Karten-Aktionen, wird füllen können. Das Long-Run-Musical funktioniert längst nicht mehr. Umso wichtiger ist nun die Auslastung. Diese Show ist eine Lehrstunde in Patriotismus für jene begeisterten Besucher, die ihre Hand aufs Herz legen und so wie im Sport, jetzt im Theater, "I Am From Austria" mit feuchten Augen mitsingen.

Auch das kann Musical!

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