Facebook: Willkürlicher Herrscher über die Medien

Kommentar: Änderungen im Newsfeed führen dazu, dass weniger klassische Medien angezeigt werden. Wollen wir das?

Nachrichten sind ein schwieriges Geschäft, das müssen auch die Riesen aus dem Silicon Valley einsehen. Lange Zeit hat Facebook die Verlage umworben, auf dass diese ihre Inhalte auf der Plattform platzieren. Das ging soweit, dass ausgewählte Medien einzelne Artikel sogar direkt auf Facebook publizierten und gar nicht mehr auf die eigene Webseite verlinkten. Doch nach lautstarker Kritik an der Verweigerung Facebooks, für die publizierten Inhalte insbesondere von problematischen Pseudo-Nachrichtenportalen Verantwortung zu übernehmen, macht die Plattform nun eine radikale Kehrtwende: Künftig werden, so gab Mark Zuckerberg bekannt, Medieninhalte deutlich weniger im Newsfeed der Benutzer auftauchen.

Das betrifft klassische Medien, aber auch Online-Portale wie die Huffington Post und dürfte für viele Medien ein Problem werden: Insbesondere jene, die keine Printpublikation im Rücken haben, zählen stark auf Facebook als Zugriffsantrieb. Inhalte, die auf der benutzerstarken Plattform viral gehen, bekommen viele Clicks und damit einen vergleichsweise hohen Anteil an Werbeeinnahmen.

Bricht das weg, geht es wohl einigen Anbietern an den Kragen. Das macht erneut die Problemstelle bewusst, dass sich die Medien hier einer Plattform ausliefern, auf deren Contentpolitik sie keinen Einfluss haben.

Mark Zuckerberg, Chef von Facebook, gab die Beweggründe für seine Entscheidung an: Facebook soll in Zukunft das verstärkt anbieten, was die Freunde des jeweiligen Benutzers stark bewegt hat. Das soll dazu führen, dass der Benutzer Facebook mit einem Wohlgefühl verbindet - und nicht mit negativen Emotionen.

Es stimmt schon. Nachrichtenkonsum ist kein Wohlfühltermin. Die Medien berichten über eine komplizierte und oft grausame Welt. Und jene, die nicht den Konsumenten für leichte Clicks nach dem Mund reden, widersprechen in ihrer Berichterstattung oft auch den vorgefassten Meinungen ihrer Leser. Das hinterlässt ein Frustrationsgefühl.

Dass Facebook nun aber auf den Content setzt, der Freunde zu Reaktionen veranlasst, birgt einige Gefahren: Empörung, ein vehementer Antrieb für den Medienkonsum vieler Nutzer, wird gerne geteilt. Wenn man sich wohlfühlt, macht man das hingegen gerne für sich alleine: Die 10 Tipps, wie man sich wohl in seiner Haut fühlt, sind weniger viral als ein Politikskandal. Viele klassische Medien hingegen bemühen sich um ein ausgewogenes Bild, das die Welt in all ihren Facetten abbildet. Sie haben aber nun noch weniger Kontrolle darüber, was davon Facebook anzeigt. Facebook könnte im Nachrichtenbereich nun paradoxerweise noch mehr zur Aufregungsschleuder werden.

Und Facebook ist, das konnte man zuletzt bei der Positivkampagne für das Neujahrsbaby wieder erleben, ein willkürlicher Herrscher: Einträge können ohne Erklärung verschwinden, Kampagnen können zur ungerechtfertigten Löschung führen. Das hat, wegen der schieren Verbreitung Facebooks, die die fast aller Medien bei weitem übersteigt, auch demokratiepolitisch bedenkliche Züge angenommen.

Auch wenn man seine Freunde sehr gerne hat: Künftig muss sich jeder wohl noch intensiver überlegen, ob er ihnen wirklich in die Hand geben will, welche Teile der Welt man mitbekoomt.

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