Bevor Hannes sein wahres Gesicht zeigt, ist Judith erst einmal von ihm geblendet. Es scheint diesmal der Richtige zu sein. Auch Judiths Mutter fährt total auf ihn ab. Logisch, hat er doch immer das passende Geschenk, die richtigen Worte, den unschuldigen Grinser parat. Als Hannes noch den Test in ihrem Freundeskreis besteht, kann man auch in Judiths Augen die Herzerl sehen.
Skepsis
Romantik hin, Romantik her: Eine Frau sollte bei einem Typen, der jeden Tag einen großen Strauss Blumen schickt, skeptisch werden. „Aber wer glaubt schon, dass es sich dabei gleich um einen Psychopathen handelt?“, sagt Regisseurin Johanna Moder, die Daniel Glattauers Bestseller aus dem Jahr 2012 für ORF/ZDF verfilmt hat.
Das Projekt sei lange Zeit auf Eis gelegen. Die genauen Gründe nennt Moder im Gespräch zwar nicht, aber die Umsetzung scheint etwas kompliziert gewesen zu sein. Zehn Jahre sind in einer sich schnell ändernden Gesellschaft auch eine lange Zeit. Außerdem sind Romanverfilmungen oft herausfordernd. Das liegt am Umstand, dass man nicht eins zu eins das Buch nacherzählen kann, bei 90 zur Verfügung stehenden Minuten vieles weglassen und Kompromisse eingehen muss. „Im Buch ist eine andere Tiefe möglich. Wir mussten uns auf eine Sache konzentrieren, haben den Fokus auf die weibliche Hauptfigur gelenkt und erzählen die Geschichte damit hauptsächlich aus ihrer Sicht“, sagt Moder dem KURIER.
Mit dem Ergebnis, das am Sonntag um 20.15 in ORF 2 zu sehen ist, sei Daniel Glattauer auch sehr zufrieden, so die Regisseurin. Wer gut aufpasst, wird den Autor auch im Film (im Hintergrund) entdecken.
Neben der toxischen Beziehung thematisiert der Film auch die Rolle der Gesellschaft: Judith wird mit Vorstellungen und Werturteilen konfrontiert, die ihre Lebensweise infrage stellen: Wer mit fast 40 immer noch keinen Mann, kein Kind, keine Familie hat, wird immer noch schief angesehen ...
Psychothriller
Die eigentliche Gefahr ist aber nicht die Ablehnung der Gesellschaft, sondern die psychische Gewalt, der Judith durch Hannes ausgesetzt ist. Diese Form der Unterdrückung wirkt subtil, aber nachhaltig – so wird ihr langsam der Atem abgeschnürt. Judith spürt zwar recht schnell, dass ihr Hannes nicht guttut, dass er ein Kontrollfreak ist, krankhaft eifersüchtig, aber ihr soziales Umfeld redet und wirkt ständig auf sie ein. „Man sieht, wie schwierig es für Betroffene ist, sich zu wehren, vor allem, wenn der Täter keine physische Gewalt ausübt, sondern auf psychologische Manipulation setzt“, sagt Moder.
„Ewig Dein“ ist mehr als eine dramatische Romanverfilmung – es ist eine gesellschaftlich relevante Erzählung, die Denkanstöße liefert und aufzeigt, wie schnell Liebe in einen Albtraum führen kann.
Johanna Moder, die Anfang Jänner die dritte Staffel von „School of Champions“ im Gasteinertal drehen wird, hat sich damit einem Thema gewidmet, das sie in einem bereits abgedrehten Film weiterführt. In „Mother’s Baby“, der 2025 ins Kino kommen wird, erzählt sie die Geschichte einer Frau, die nach einer schweren Geburt ihr Kind nicht wiedererkennt und an eine Verwechslung glaubt. Auch hier stehen Manipulation und weibliche Selbstbestimmung im Fokus, dieses Mal in einem düsteren Psychothriller.
INFOS: „Ewig Dein“ mit Julia Koschitz und Manuel Rubey in den Hauptrollen: Die österreichische Regisseurin Johanna Moder drehte in Wien, Venedig und im Burgenland im Sommer 2023 die Verfilmung des Bestsellers „Ewig Dein“ von Daniel Glattauer, das Drehbuch dazu wurde von Freya Stewart verfasst. Gemeinsam mit Koschitz und Rubey standen u. a. Mara Romei, Barbara Auer, Stefan Rudolf, Julia Koch vor der Kamera. ORF-Premiere am 29. 12. um 20.15 in ORF 2 , ab heute auf ORF ON abrufbar.
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