Ewald Tatar: "Wir verkaufen mehr Tickets als die Hochkultur"
Konzerte mit Nick Cave, Pearl Jam und Aerosmith! Der Musik-Sommer für Pop-Rock-Fans hätte spannend werden können, darf es aber nicht. Zwar gab Gesundheitsminister Anschober Freitag Lockerungen der Coronabeschränkungen für den Kultur- und Veranstaltungsbereich bekannt. Doch die greifen vorwiegend für die sogenannte Hochkultur.
Für Österreichs größten Rock-Veranstalter, den Nova-Rock-Gründer Ewald Tatar, ist das keine Überraschung: "Ich habe mir von der PK am Freitag nichts anderes erwartet. Das war eine Lösung auf Druck der Salzburger Festspiele oder von Grafenegg, dass man da zumindest ein paar Dinge spielen kann – so wie Frau Rabl-Stadler und Frau Mikl-Leitner es wollten. Das sind aber Lösungen, die für unseren Sektor nicht umsetzbar sind. Ich würde nicht sagen, dass wir da benachteiligt wurden. Ich glaube aber, dass dem Informationsstand der Behörden nachgeholfen werden kann. Denn wir Veranstalter der modernen Kultur verkaufen viel mehr Tickets als die Hochkultur. Es scheint aber schon auch so zu sein, dass Personen wie Frau Rabl-Stadler besser vernetzt sind und deshalb mehr Druck in gewisse Richtungen ausüben können."
Liegt es nur an der Vernetzung, oder wird die Hochkultur in Österreich generell höher eingeschätzt? "Ob sie höher eingeschätzt wird, ist mir eigentlich egal. Und wir sind schon auch organisiert. Wir haben jetzt die IG-Veranstalter gegründet, um eben in dieser Krise gemeinsam stärker auftreten zu können."
Heimische Veranstalter der Pop- und Rock-Branche, die vorher "nie viel Kontakt hatten", arbeiten dabei seit ein paar Wochen mit Vertretern von Security-Firmen, Catering, Lichttechnikern, Produktionsleitern und medizinischen Fachkräften Konzepte aus, wie es nach dem 31. August für ihre Kultursparte weitergehen kann.
Details dazu gibt Tatar noch nicht bekannt: "Wir haben gute Ideen, es braucht aber auch noch einiges an Arbeit. Allein diese Woche habe ich drei Videokonferenzen dazu. Wir sind aber bald fertig, werden sie dann vorstellen, beziehungsweise – hoffentlich – den Behörden vortragen können."
Keine Cluster
Bedenken sollte man dabei – wünscht sich Tatar – unbedingt auch die neuen und besseren Informationen über die Clusterbereiche, die die meisten Covid-Ansteckungen verursacht haben.
"Wir hatten im Februar und im März viele große Shows wie zum Beispiel AnnenMayKantereit. Mir ist aber kein einziger Fall, kein einziger Hinweis darauf bekannt, dass sich bei diesen Konzerten so ein Cluster ausgebildet hätte. Vielleicht weiß da jemand mehr als ich. Aber ich frage mich schon: Warum werden diese absolut harten Sanktionen, die ja grundsätzlich in Ordnung sind, für genau diese Konzerte am spätesten wieder gelockert?"
Bis jetzt war Tatar zwar in Kontakt mit dem Büro der Freitag zurückgetretenen Kulturstaatssekretärin Ulrike Lunacek. Doch da ging es nur um die Absagen, Verschiebungen und die Ticketrückgaben der für den Sommer geplanten Shows, nicht aber um Möglichkeiten, auch diese Sparte wieder hochzufahren.
"Ich höre immer, dass sie mit Beratern sprechen. Aber wer sind die Kapazunder unserer Branche, mit denen sie da reden? Von uns, die wir seit Jahren in diesem Business arbeiten und wissen wie es läuft, war es keiner! Wir brauchen aber dringend eine Perspektive dazu, wie es nach dem 31. August weitergehen kann. Wir brauchen so schnell wie möglich einen Ansprechpartner, der sich unsere Ideen und Konzepte anhört und sie mit uns weiter ausarbeitet. Ob das dann auch angenommen wird, wird man sehen. Aber mit dem Nichtstun und Aussitzen des Ganzen werden wir uns nicht zufriedengeben."
Acts wie Nick Cave, Aerosmith oder Pearl Jam wird man aber so oder so in diesem Herbst hierzulande nicht sehen. Denn der Trend bei Künstlern, die nur im Rahmen europaweiter oder gar weltweiter Tourneen nach Österreich kommen, geht "ganz stark" dahin, die für September bis Dezember geplanten Konzertreisen auf 2021 zu verschieben. Im Herbst 2020 will sich Tatar daher auf Konzerte mit heimischen Acts konzentrieren. Denn: "Die sind deutlich flexibler im Umgang mit unmittelbaren Entscheidungen – die hoffentlich bald kommen werden."
Kommentare