Martina Gedeck: Mir hat gerade gut daran gefallen, dass Doris, die Frau, die verlassen wird, die Verliererrolle per se hat. Ihre Kinder sind aus dem Haus, sie hat keinen richtigen Beruf, weil sie ihn zugunsten der Familie aufgegeben hat – und jetzt steht sie vor dem Nichts. Aber sie dreht diese Situation einfach um. Durch ihre Wut und gewissermaßen auch durch ihre Naivität wird sie plötzlich stark und kraftvoll. Sie geht als Gewinnerin hervor.
Weil Sie anfänglich von Verliererrolle sprachen: Die Trennung passiert aufgrund des fast bösesten Klischees, das man kennt – der Mann verlässt seine Frau für eine Jüngere.
Ich finde es gut, dass sich Doris trotzdem nicht ausbuht und auch kein Selbstmitleid gönnt. Stattdessen unternimmt sie etwas. Sie macht auch unmögliche und radikale Dinge, die eigentlich nur schiefgehen können. Aber dadurch kann sie sich ein Stück weit ihrer selbst vergewissern und sich aus ihrer Ohnmacht und aus ihrer Krise herauskatapultieren.
Der Ehemann gibt in der Paartherapie an, dass er sich an der Seite seiner Frau „so tot fühlt“. Können Sie dieses Argument nachvollziehen?
Ich glaube, wenn eine Ehe an einem Punkt zerbricht, wo der Partner das Gefühl hat, er muss jetzt seine Frau verlassen, dass die Dinge schon vorher im Argen lagen. Es passiert ja auch umgekehrt, dass Frauen fremdgehen und sich einen Liebhaber nehmen. Klar, kann man sagen, man möchte nicht alt werden. Aber wenn man eine vertrauensvolle, gut funktionierende Ehe führt, dann geht man nicht einfach weg, bloß weil etwas Jüngeres daherkommt. Daran glaube ich nicht.
Glauben Sie, dass sich Männer mit dem Älterwerden schwerer tun als Frauen?
Nein. Entweder man kann damit umgehen oder nicht, egal, ob Männlein oder Weiblein. Ich selbst empfinde den alternden Körper überhaupt nicht als etwas Abschreckendes. Der Alterungsprozess des Menschen gehört dazu: Das ist etwas ganz Natürliches und beginnt ja auch schon sehr früh (lacht). Und wenn man sich damit nicht anfreundet, hat man wirklich ein Problem. Man muss damit leben, dass man sich körperlich verändert. Wenn man natürlich nur auf äußere Dinge achtet – habe ich auch kein Rezept. Für mich sind äußerliche Dinge zweitrangig.
Lassen sich Trennungen auch als Chance begreifen?
Ich finde schon. Wenn jemand gehen will, muss man das akzeptieren. Auch, wenn er vielleicht unrecht hat. Man kann die Leute nicht in etwas hineinzwingen. Man kann um eine Beziehung kämpfen, man kann vielleicht auch über längere Zeit eine Bereitschaft aufrechterhalten. Aber wenn jemand das Gefühl hat, er muss weg und in seinem Leben etwas anderes tun, kann man ihn nicht zurückhalten. Es muss ja auch nicht immer eine andere Liebe, sondern kann auch eine berufliche Variante sein. Ich weiß zum Beispiel von einem Mann, der dachte, er müsse ins Kloster gehen. Das war für die Frau ein ähnlicher Verlust, obwohl es sich nicht um eine andere Liebe, sondern um eine Berufung handelte. Es ist eine große Leistung, wenn Menschen es schaffen, dem anderen den Freiraum zu lassen, den er für seine Persönlichkeitsentwicklung braucht. Das heißt nicht, dass jeder macht, was er will. Aber Freiraum zu geben, hat etwas mit Liebe zu tun. Die Liebe gibt. Für mich ist das das A und O.
Trotz seines schweren Inhalts hat „Und wer nimmt den Hund?“ auch viele komische Momente. Dabei assoziiert man Sie fast mehr mit dramatischen Rollen. Lag darin auch ein Reiz?
Natürlich. Ich habe einige Komödien gespielt, die sehr erfolgreich waren, wie etwa Filme von Xaver Schwarzenberger wie „Single Bells“. Auch „Bella Martha“ war eine Liebeskomödie. Es gibt da einige Klassiker, aber die dramatischen Rollen sind eindrücklicher. „Und wer nimmt den Hund?“ ist für einen Schauspieler ein gefundenes Fressen: Der Film läuft sehr stark über Dialogwitz. Und diese Form des Schlagabtausches ist etwas, was Ulli (Filmpartner Ulrich Tukur, Anm.) und ich sehr genossen haben. Wir haben schon mehrere Filme miteinander gedreht und kennen uns gut.
Was ist die große Herausforderung einer guten Komödie?
In diesem Fall läuft viel über den Sprachwortwitz, denn es wird ununterbrochen geredet. Aber das muss man erst einmal zum Kochen bringen, ohne, dass die Zuschauer sagen: „Jetzt quatschen die schon wieder.“ Das heißt, die Texte müssen interessant sein, gut gespielt werden, und das Timing muss präzise passen. Mit Rainer Kaufmann hatten wir zum Glück einen Regisseur, der das sehr gut kann. Und man braucht jemand, der von außen darauf schaut. Denn wenn man erst einmal im Fahrwasser drin ist, schaut man nicht mehr nach links und rechts. Man spielt sich in die Besinnungslosigkeit hinein (lacht).
Sie haben auch gerade in dem TV-Drama „Herzjagen“ unter der Regie von Elisabeth Scharang gespielt. Als Vorlage diente die Erzählung „Herznovelle“ von der KURIER-Kolumnistin Julya Rabinowich. Was gefiel Ihnen an dieser Rolle?
Es geht um eine Frau, die einen schweren Herzfehler hat. Nach einer Operation ist sie zwar geheilt, kommt aber mit ihrem Leben als Gesunde nicht zurecht. Sie fällt in eine Krise. „Herzjagen“ ist ein Drama. Das ist der große Unterschied.
Kommentare