Erni Mangold als Sensation im Wiener Wald

Erni Mangold als Sensation im Wiener Wald
Allein schon ihretwegen sollte man sich die angenehm zeitlose Inszenierung von "Geschichten aus dem Wiener Wald" in der Josefstadt anschauen.

Erni Mangold, meine Damen und Herren! Erni! Mangold!
Sie ist die Sensation in Herbert Föttingers Inszenierung von "Geschichten aus dem Wiener Wald" in der Josefstadt. Sie spielt die kindsmordende Großmutter mit atemberaubend präziser, eisiger Bosheit. Ihre Darstellung ist so uneitel großartig, dass man ihr den ganzen Abend lang zuschauen möchte. Hauptproblem dieser angenehm zeitlosen Inszenierung: Die Großmutter tritt nur in wenigen Szenen auf.

Lebende Tote

Wie alle Stücke Ödön von Horváths ist auch dieses von Toten bevölkert. Sie alle sind schon lange nicht mehr am Leben, sie wissen es nur nicht. Und sie ruhen nicht, bis sie die einzig Lebendige – die mutige, aber in ihrer naiven Impulsivität auch nicht unanstrengende Marianne – ebenfalls in eine lebende Leiche verwandelt haben.

Horváth wird gern und viel aufgeführt, ist aber ungeheuer schwierig zu spielen. Das liegt vor allem an der Sprache: Horváths Figuren sind genau genommen sprachlos, sie mühen sich ab mit ihren Sätzen, sie stolpern über ihre Phrasen. Sie sprechen Hochdeutsch, aber sie sprechen es wie eine Fremdsprache.
Horváth hinterließ seinen Regisseuren einen genauen Beipacktext, wie seine Stücke zu behandeln seien: Dialekt, Parodie, Karikatur, Naturalismus, listet er als "Todsünden der Regie" auf. Die Josefstadt hat diese Liste im Programmheft abgedruckt, beruft sich also darauf.

Dialekt?

Damit werden diese Anweisungen aber auch einklagbar: Warum schwächt der an sich herrlich zurückgenommen agierende Erwin Steinhauer in der Rolle des Zauberkönigs seine starke Darstellung, indem er im verschliffenen Wiener Dialekt Zuflucht sucht? Warum spielt Florian Teichtmeister seinen an sich großartig ekelhaften Nichtstuer Alfred so, als wäre er eine Nestroyfigur? Warum wendet Sandra Cervik so viel sehenswerte Virtuosität auf, um die Überlebenskünstlerin Valerie als grelle und dralle Karikatur zu zeichnen? All das kommt beim Publikum ja gut an (es gibt am Ende sehr viel Applaus), macht den Horváth aber kleiner.
Die Inszenierung im Einheitsbühnenbild (Rolf Langenfass baute einen Wald aus Rohren) ist im ersten Teil zu langsam. Nach der Pause wird sie dicht, das Ende gerät – alle orientieren sich an Erni Mangold! – faszinierend böse und gut.

Alma Hasun als Marianne und Thomas Mraz als Fleischer Oskar, dessen Liebe sie nicht entgeht, geben Talentproben ab. Nicht mehr, nicht weniger.

KURIER-Wertung: **** von *****

Mehr zum Thema

  • Hauptartikel

  • Hintergrund

Kommentare