Unter dem Motto „Fischgeschichten“ haben die beiden nun eine Ausstellung und Installation ersonnen, die das Areal aus der Fischperspektive betrachtet. Die dabei aufbereiteten Erkenntnisse strahlen über die unmittelbare Lokalgeschichte hinaus.
Denn dass sich am Nordwestbahnhof neben Wiens erster Indoor-Skihalle auch eine Fischfabrik befand, die erst 1985 den Betrieb eingestellt hat, ist heute wohl den wenigsten in Erinnerung. Der Bahnhof war lange Zeit der Endpunkt für Fischtransporte, die aus Bremerhaven nach Wien reisen konnten. Die verantwortliche Firma Nordsee eröffnete 1907 ihren ersten Kiosk in Wien und besetzte bald auf allen Märkten der Stadt den prominentesten Platz – eine Ordnung, die sich etwa am Nasch- und am Rochusmarkt bis heute hielt.
Zuvor aber, erzählt Zinganel, „mussten für die Erweiterung der Kaiserstadt Wien viele tausend Fische sterben“. Denn der 2. und noch mehr der 20. Bezirk wurden erst durch die Donauregulierung ab 1873 in großem Stil bebaubar. Zuvor bestand das Gebiet aus einem Gewirr von Nebenarmen der Donau, die ihrerseits für ihren Fischreichtum berühmt waren.
Mit rund 100 aus Alu-Platten ausgestanzten Fischen, die auf dem Areal zu einem „Fischfriedhof“ arrangiert wurden, wollen die Künstler den flossenbewehrten Opfern der Stadtmodernisierung gedenken. Die Installation, die nur im Begleitung des Ausstellungsteams zu besichtigen ist, gibt auch eine Gelegenheit zur Erfassung des sonst abgezäunten Areals.
Zinganel und Hieslmair wollen sachte anregen, dass ein Fisch zum Maskottchen der anstehenden Bebauung des rund 44 Hektar großen Areals werden könnte, das Wohnungen für 14.700 Menschen und Büros für rund 5000 Arbeitsplätze schaffen soll (der KURIER berichtete). Denn auch die bereits heute im Bezirk spürbare Diversität in der Bewohnerstruktur hat ihre Parallelen in der Fisch-Geschichte: Wie in besagtem Wärterhäuschen erklärt wird, war auch der einst größte Donaufisch, der Hausen (Stör), ein Migrant, der vom Schwarzen Meer bis nach Wien schwimmen konnte.
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