Es beginnt im noblen Paris. Dort arbeitet Thibaut (Benjamin Lavernhe) als Chefdirigent eines renommierten Orchesters. Eines Tages bricht er bei den Proben ohnmächtig zusammen. Ein Gesundheitscheck im Spital ergibt: Thibaut leidet an Leukämie und benötigt eine lebensrettende Rückenmarkspende. Seine Schwester bietet ihre Hilfe an – doch ihr Rückenmark passt nicht. Und es kommt noch schlimmer: Sie ist gar nicht Thibauts Schwester. An dieser Stelle erfährt der geschockte Dirigent, dass er als Kind adoptiert wurde und einen Bruder namens Jimmy hat.
Auch Jimmy (Piere Lottin) wuchs bei Pflegeeltern auf, allerdings im strukturschwachen Norden Frankreichs. Dort arbeitet er als Kantinenkoch und spielt in seiner Freizeit in einer Blasmusikkapelle. Es kommt zu einer ersten Begegnung zwischen den beiden Brüdern.
Abgesehen davon, dass Jimmy höchst verblüfft ist, als plötzlich ein Schnösel aus Paris bei ihm auftaucht und ihn um sein Knochenmark bittet, verkörpern die beiden komplett unterschiedliche Welten: Thibaut, der elegante Pariser, trifft auf einen Arbeiter aus der Provinz – ein kultureller Unterschied, der ganz Frankreich prägt.
„Paris ist natürlich der Ort der Elite und der Macht“, sagt Regisseur Courcol, der ursprünglich auch nicht aus Paris stammt: „Früher sprachen wir in Paris von Restfrankreich als der Provinz; heute nennen wir es Regionen. Das klingt besser, aber es markiert trotzdem einen großen Unterschied. Besonders Nordfrankreich ist eine Region, die empfindlich auf diese Art von Unterscheidung reagiert.“
Tatsächlich gilt der Norden Frankreichs als eine Region, die für Industrie und Bergbau steht und deren arbeitende Bevölkerung weniger Bezug zur Kultur hat: „Die Menschen dort haben einen eigenen Stolz entwickelt, um dem Klischee von der kulturlosen Arbeiterschaft entgegenzuwirken“, führt Courcol aus: „Es ist eine Region, in der die Leute bestimmte Werte kultivieren, die man in anderen Gebieten nicht so ausgeprägt vorfindet: Eine starke Tradition der Gastfreundschaft, des Zusammenseins und der Solidarität. Gleichzeitig ist es ein Gebiet Frankreichs, in der es die meisten Blasmusikkapellen gibt. Ich wollte in meinem Film die besonderen Qualitäten hervorheben, die diese Region auszeichnet, nämlich das Zusammensein und das Miteinander.“
Posaune
Durch seinen neu gefundenen Bruder taucht der Pariser Chefdirigent in eine völlig neue Welt ein. Auch Jimmy hat Musiktalent und spielt in seiner Blasmusikkapelle die Posaune. Bald wird klar, dass auch er, hätte er eine elitäre Ausbildung wie Thibaut genossen, ein großer Musiker hätte werden können. Ganz konkret aber muss er sich mit Existenzängsten herumschlagen, weil die Fabrik, die in der gesamten Umgebung für Arbeitsplätze sorgt, mit der Schließung droht.
Behutsam navigiert Regisseur Courcol durch private Angelegenheiten wie Familienkonflikte und Krankheit, aber auch durch politisches Terrain wie Aktivismus und Arbeitskampf. Gefühlvoll hält er die Balance zwischen Drama und den heiteren Momenten des Lebens: „Wir leben in einer deprimierenden Welt“, weiß Courcol: „Ich will aber nicht, dass die Leute niedergeschlagen aus meinem Film kommen. Ich spreche über schwierige Themen, aber auf leichte Art und Weise.“
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