Geboren am 3. März 1926 in Wien als Elisabeth Schmid, hatte sie Rudolf Leopold 1946 beim Medizinstudium kennengelernt. Nach wenigen Wochen waren sie ein Paar, 1953 heirateten sie. Und wurden Augenärzte.
Rund um das Jahr 1950 fiel Rudolf Leopold ein Katalog mit Bildern von Egon Schiele in die Hände – und war wie paralysiert: „Das erste Bild, das er gekauft hat, war ,Die tote Stadt‘. Zunächst nicht das Ölgemälde, sondern die Gouache.“ Elisabeth Leopold erzählte dies im KURIER-Interview 2019. „Und er hat von da an die Hauptwerke gekauft. Er ist ihnen anhand des Katalogs nachgerannt – bis nach England, Amerika und Australien.“
Das Haus voll Kunst
Seine Methoden waren nicht immer die feinsten, er gab all sein Geld für Kunst aus – auch jenes, das er nicht hatte: Elisabeth Leopold hielt die Familie – sie gebar drei Kinder – mit der Kassenpraxis über Wasser. Irgendwann war das ganze Haus in Grinzing voll Kunst, der Schuldenberg wuchs, im Tresor der Creditanstalt lagerten als Sicherstellung etliche Meisterwerke. Die Verhandlungen mit dem Staat über den Ankauf der Sammlung und die gemeinsame Errichtung der Stiftung zogen sich über viele Jahre. Es kam erst Bewegung in die Sache, als die Regierung in den frühen 90ern einen neuen Versuch unternahm, das Museumsquartier zu realisieren. Ohne das Leopold Museum als Zugpferd wäre dies nicht gelungen.
1994 wurde die Stiftung gegründet, Leopold brachte über 5.200 Kunstwerke ein. Da das Museum (eröffnet 2001) erst gebaut werden musste, tourte die Sammlung durch die Welt. Verhängnisvoll war die Schau im Museum of Modern Art Ende 1997: Die Staatsanwaltschaft ließ zwei Werke von Egon Schiele beschlagnahmen, weil sie im Verdacht standen, in der NS-Zeit gestohlen worden zu sein. Die „Tote Stadt III“ wurde alsbald wieder freigegeben, aber um das „Bildnis Wally“ entbrannte ein unglaublicher Rechtsstreit.
Rudolf Leopold war Direktor, im Vorstand der Stiftung saß, ebenfalls auf Lebenszeit, auch seine Frau. Und der Maniac sammelte weiter: „Auch noch, als er schon am Totenbett lag“, erzählte Elisabeth Leopold.
Die Heimkehr der „Wally“ erlebte der Sammler, am 29. Juni 2010 gestorben, nicht mehr: Nach dem Vergleich mit den Erben nach Leo Bondi-Jaray (die Stiftung zahlte 19 Millionen Dollar) nahm Elisabeth Leopold das Bildnis am Flughafen in Empfang. Das war großes Theater!
Die Witwe war fortan die „Seele des Hauses“ – und sie agierte energisch. Die wechselnden Direktoren hatten es nicht unbedingt leicht mit ihr. Elisabeth Leopold gab etliche Bücher heraus, sie kuratierte Ausstellungen, darunter „Moderne österreichische Farbmalerei um 1918“ (2019). Sie brachte sich auch in die Hängung der Dauerausstellung ein. Im Frühjahr 2022 zog sie sich aus eigenem Antrieb aus dem Vorstand zurück.
Gestern, am 14. August, ist die Grande Dame des heimischen Kulturbetriebs gestorben – mit 98 Jahren friedlich im Kreis ihrer Familie. Im Nachruf der Privatstiftung heißt es: „Mit Elisabeth Leopold verliert unser Land eine der engagiertesten Kämpferinnen für die österreichische Kunst.“ Wie wahr.
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