Elina Garanča: Die innere Ruhe als Kraftquelle

epa02613641 Latvian opera singer Elina Garanca performs during the Vienna 'Opera Ball 2011' on 03 March 2011, at the Vienna State Opera in Austria. EPA/HERBERT NEUBAUER unbegrenzt verfügbar
Der Opernstar im Interview über Familienglück, Werte und neue Wege.

Elina Garanča ist so entspannt, wie ein Superstar nur entspannt sein kann. „Ich weiß, in den nächsten Monaten kommt einiges auf mich zu, aber ich freue mich auf jede einzelne Aufgabe“, so die Mezzosopranistin im KURIER-Interview. Die „einzelnen Aufgaben“ – das sind die Charlotte in Massenets „Werther“ an der Wiener Staatsoper (ab 20. April), das Wiener Rollendebüt als Bizets „Carmen“ (ab 20. Mai) am Ring sowie drei Open-Air-Konzerte im Sommer, wobei Garanča vor allem „Klassik unter Sternen“ in Stift Göttweig (3. Juli) am Herzen liegt. Denn „dort singe ich bereits zum sechsten Mal. Göttweig war sozusagen die Mutter all meiner Open-Air-Konzerte, und die Atmosphäre ist einmalig.“

Und in Göttweig kehrt Garanča passend zum 200. Geburtstag des Komponisten auch zu Giuseppe Verdi zurück. „Ich habe Verdi das letzte Mal vor 14 Jahren gesungen, jetzt kehre ich zu ihm zurück.“ Das genaue Programm „kann ich noch nicht verraten, denn mein Mann (Karel Mark Chichon, Anm.), der auch dirigieren wird, arbeitet noch daran. Da auch ein Chor dabei sein wird, ist die Chance auf den berühmten Gefangenenchor aus ,Nabucco‘ aber ziemlich groß.“ Und: „Ich werde auf jeden Fall auch die Santuzza aus Mascagnis ,Cavalleria rusticana‘ singen.“

Erst Verdi, dann Wagner

Eine sehr dramatische Partie also. Bahnt sich da ein Fachwechsel an? Garanča lacht: „Na ja, einen ,Figaro‘-Cherubino kann man nicht in alle Ewigkeit singen. Ich finde, mit 40 Jahren schaut das dann blöd aus“, so die 36-Jährige. „Außerdem hat sich meine Stimme nach der Geburt meiner Tochter ein bisschen verändert. Sie ist kräftiger, dunkler geworden. Die Zeit der Mozart-Partien und auch einiger Belcanto-Rollen geht langsam zu Ende. Außerdem erfüllen mich Mozart oder Rossini nicht mehr so sehr. Daher kommen jetzt eben bald die Santuzzas oder ,Don Carlo‘- Ebolis dran. Für mich ist eine Zeit der Suche angebrochen. Welche Wege will ich künstlerisch gehen? Welche Partien will ich einstudieren? Ich nehme mir die Freiheit, darüber in aller Ruhe nachzudenken.“

Erst hören, dann singen

Und was ist mit Richard Wagner, dessen 200. Geburtstag heuer ebenfalls gefeiert wird?

Garanča lachend: „Ich muss zuerst den Verdi brüllen, ehe ich den Wagner singen kann. Aber im Ernst: Eine Kundry im ,Parsifal‘ oder auch eine Brangäne im ,Tristan‘ kann ich mir gut vorstellen. Die jeweiligen Partituren liegen schon zu Hause auf dem Klavier. Aber ich will nichts überstürzen und lieber immer auf meine innere Stimme hören.“

In der Ruhe liegt für Garanča also die Kraft. „Ja, ich habe meine innere Ruhe gefunden. Meine Tochter Catherine und mein Mann Karel Mark sind das Zentrum meines Lebens. Auch wenn es organisatorisch nicht immer einfach ist, mit der Kleinen zu reisen. Aber ich schaue, dass meine Tochter so oft wie möglich bei mir ist. Sie gibt mir ein unendliches Glücksgefühl, lässt mich den Opernzirkus aus sicherer Distanz betrachten und hält mich privat ziemlich auf Trab. Aber genau das gibt mir ja diese innere Ruhe.“

Dass sich Garančas innere Ruhe auch auf die Musik auswirkt, liegt fast auf der Hand. „Ich habe vergangenen Herbst eine CD mit Sakralmusik eingespielt, die im Frühjahr bei der Deutschen Grammophon erscheinen wird. Sakrale Musik ist immer eine Bestätigung der Seele. Sie entschleunigt und reinigt. Auch wenn sie oft schwer zu singen ist.“

Erst denken, dann singen

Und wie sieht Garanča den aktuellen Klassikbetrieb? „Man muss wachsam sein. Bevor man sich in eine Rolle hineintheatern lässt, sollte man ganz prüfen, ob die Stimme schon dazu bereit ist. Denn das Publikum erwartet sich von uns zu Recht jeden Abend eine Top-Leistung. Da muss man mit den Kräften haushalten. Wir Sänger sind ja keine Maschinen, wir können nicht in ganz kurzer Zeit ganz viele Partien hintereinander singen. Aber nicht alle Intendanten verstehen das. Doch ein Leben nach der Devise ,schneller, höher, weiter‘ kann auf die Dauer nicht gut gehen.“

www.elinagaranca.com

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