Eine würdige Behausung für Wortskulpturen und wildgewordene Heizungsrohre

Eine würdige Behausung für Wortskulpturen und wildgewordene Heizungsrohre
Die Schau „I-in/finito“ markiert einen Neustart im Kunstraum Franz Kosefs-Kai 3: Er soll wieder zur Dauereinrichtung werden

Kunst. Auf ein „komisches kleines Detail“ weist der schwarze Letraset-Schriftzug an der weiß gekalkten Wand hin. „(t)here“ steht auf einer anderen Mauer zu lesen (Wo? Hier? Dort?). Unterhalb der Decke verläuft ein blank liegendes Heizungsrohr, das sich scheinbar selbst einen Rund-Parcours durch mehrere Räume gebahnt hat und in zwei ausgedienten Radiatoren kurz zur Ruhe kommt.

Es dämmert einem bald, dass es hier weniger um die Zurschaustellung einzelner Objekte geht: Der Schauraum am Wiener Franz Josefs-Kai 3 ist selbst Teil der Kunst, er befindet sich in einem Zwiegespräch mit den Exponaten, das von Kuratorinnenhand dirigiert wird.

Die Verantwortliche Fiona Liewehr hat schon des öfteren Kunstprojekte in dem Raum realisiert, der in Wiens Kunstgeografie wohl bekannt ist: Ursprünglich als Schauraum der Fliesen-Fabrik Schwadron genützt, war er von den kunstsinnigen Eigentümern des Gründerzeithauses am Kai renoviert und zunächst von der Kunststiftung der BAWAG bespielt worden. Dann mietete ihn die Uni für Angewandte Kunst als „Innovation Lab“ an – bis sie ihre Raumressourcen in der nahen Otto-Wagner-Postsparkasse bündelte.

Eine würdige Behausung für Wortskulpturen und wildgewordene Heizungsrohre

Privat – öffentlich

Nun soll die Location wieder zu einer regelmäßigen Einrichtung werden, sagt Liewehr: Mit einer vereinsmäßigen Organisation, die zu je einem Drittel auf Unterstützung von Bund, Stadt und Privaten baut, will sie drei Ausstellungen pro Jahr realisieren, dazu Publikationen und Veranstaltungen.

Ein nichtkommerzieller Kunstraum dieser Art würde derzeit im Gefüge der Kunststadt fehlen, sagt die Kuratorin: Zwischen Institutionen wie Secession oder Kunsthalle und dem Off-Bereich findet aktuellste Kunst abseits der Galerien momentan wenig Struktur vor.

Die Schau „I-in/finito“, die noch bis zum 20. Februar zu sehen ist, verdeutlicht auch das Anliegen, neue Impulse in die Stadt zu holen und zugleich auf den Geist des Ortes zu reagieren. Die fragilen Materialien der deutschen Bildhauerin Katinka Bock – neben besagtem Heizungsrohr steuert sie Objekte aus Glas, Keramik, Holz sowie eine Installation aus feinsten Scherben bei – treffen hier auf Werke des tschechischen Künstlers Jiří Valoch. Er suchte schon in den 1970ern nach Möglichkeiten, nur mit Worten Räume und räumliche Zusammenhänge zu schaffen.

Eine würdige Behausung für Wortskulpturen und wildgewordene Heizungsrohre

Der Wiener Bernhard Cella, der gleichermaßen als Künstler, Kurator und Buchhändler agiert, flicht als Dritter diese Ideen zusammen – mit einer schlichten Auswahl schwarz-weißer Bücher, die fast wie Notenschrift auf Regalleisten angeordnet sind.

Es ist ein minimalistisches Programm, das kompromisslos wirkt und in Wien – mit den vielfältigen Bezügen zwischen Kunst, (Sprach)Philosophie und konkreter Poesie – zugleich nicht fremd wirkt. Man wünscht ihm Publikum – und einen langen Atem.

Michael huberBis 20. 2., Franz Josefs-Kai 3, 1010 Wien. Geöffnet Mittwoch-Sonntag 12-18 Uhr, Freitag 12-20 Uhr, Sonntags Führung 15 Uhr, Eintritt frei

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