Ein unrunder "Reigen" in Reichenau

Ein unrunder "Reigen" in Reichenau
Bei Arthur Schnitzlers "Reigen" in Reichenau gab es zehn erotische Begegnungen ganz unterschiedlichen Zuschnitts. Insgesamt war es aber eine etwas unrunden Sache.

Wie lustig darf Arthur Schnitzlers "Reigen" sein? Nicht nur darüber schieden sich bei der Premiere dieser "gesunden und frechen Komödie" (so Schnitzler) bei den Festspielen Reichenau die Geister. Nicht ganz zu Unrecht. Denn Regisseur Helmut Wiesner erweckt im ersten Teil komödiantische Erwartungen, die nach der (den Fluss störenden) Pause ins Depressiv-Dramatisch-Langatmige kippen.

Unrund

Wie also soll man sich diesem erotisch aufgeladenen, mehr oder weniger direkt auf den Koitus zugesteuerten, männlich-weiblichen Balzverhalten nähern? Ganz klassisch, mit Witz und ganz tragisch, befand wohl Helmut Wiesner in Peter Loidolts sehr ästhetischem Einheitsbühnenbild (ein Bett, ein Tisch, eine Tür, Projektionen von Matisses berühmten Gemälde "La Danse") im Neuen Spielraum.

Das ergibt "zehn Begegnungen" ganz unterschiedlichen Zuschnitts. Es darf viel gelacht werden und es darf dabei über die Unmöglichkeit der Liebe philosophiert werden. Verbindendes Element bei dieser insgesamt etwas unrunden Sache ist Helmut T. Stippich mit seiner Schrammelharmonika. Und so hat jedes Stelldichein – die Sex-Szenen sind unpeinlich gelöst – seine eigene theatralische Temperatur.

Auch dank der Darsteller: Martina Spitzer etwa gibt eine schön-verlorene, starke Dirne, die in Thomas Kamper den klassischen Schnitzler-Kleinsoldat und in Miguel Herz-Kestranek zum Finale einen anrührenden, alternden Graf findet. Nanette Waidmann ist dem Soldaten wir dem jungen Herrn (gut: David Oberkogler) ein klassisch-kokettes Stubenmädchen.

Erfrischend

Für die absoluten komödiantischen Höhepunkte sorgen jedoch Chris Pichler als hinreißende junge Frau, die dem jungen Herren ordentlich Saures gibt, und Jürgen Maurer als ach so anständiger Ehegatte, der dennoch das süße Mädel (exzellent: Katharina Straßer) mit ins Séparée nimmt. Pichler, Maurer und Straßer haben neben Herz-Kestranek die stärksten Momente. Denn Günter Franzmeier als eitler Dichter ist hart an der Grenze zur Karikatur angesiedelt, Ähnliches gilt für Petra Morzé in der Rolle der Schauspielerin. Erst wenn Morzé auf den schön steif-nasalen Grafen des Herz-Kestranek trifft, wird klar, dass Liebe auch sehr weh tun kann.

KURIER-Wertung: **** von *****

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