„It could be a big failure – and probably will be. But big!“ Also entweder ein großer Flop oder ein großer Hit. Aber Hauptsache groß! Das erklären zwei Schauspieler (fabelhaft: (Elias Eilinghoff und Bence Mezei) des Nature Theater of Oklahoma in Stan Laurel und Oliver Hardy-Manier gleich zu Beginn. Und sie enttäuschen die Zuseher nicht. Denn mit „Karoline und Kasimir – Noli me tangere“ gelingt dem Wiener Volkstheater ein „Big Hit“, eine lustvoll-geistreiche, mitunter herrlich infantile Hommage an das Theater, an den Film und somit indirekt auch an Ödön von Horváth.
Dieser ist vor den Nationalsozilasten nach Paris geflohen; am 1. Juni 1938 wird er bei einem Gewitter auf den Champs-élysées von einem Ast erschlagen. Zuvor aber geht er aus Notdurft-Gründen (ohne Karte, kein Klo) ins Kino – zu Schneewittchen, trifft Regisseur Robert Siodmak, der „Jugend ohne Gott“ verfilmen möchte, hört dessen Assistentin (exzellent: Julia Franz Richter) bei einer an den unvergessenen Thomas Bernhard gemahnenden Suada über Wien, Paris, die Welt und die Nazis zu. Die Zwerge und die böse Stiefmutter inszenieren dazwischen ein Rollschuh-Ballett. Und kuscheln Hitler und Disney wirklich am Telefon?
Auch Jacques Rivettes Kultfilm aus dem Jahr 1970 „Out 1: Noli me tangere“ kommt in diesem Szenario vor – Horváth spricht mit seinem älteren Alter Ego, hat immer wieder Todesfantasien und träumt von seinem neuen Roman „Adieu, Europa!“. Dumm nur, dass er nie einen Kugelschreiber dabei hat! Denn Komma und Punkt müssen doch Komma und Punkt sein! Oder?
Das alles klingt überdreht, unlogisch, absurd? Ist es nicht. In drei atemberaubend Stunden entwirft das Nature Theatre of Oklahoma (Kelly Copper und Pavol Liška) eine Art völlig überdrehtes Biopic, eine grandiose Hommage an das Theater, an den Spieltrieb per se.
Michael Sieberock-Serafimowitsch hat dafür die passende, immer als Theaterbühne erkennbare Ausstattung geschaffen (Regen und Äste inklusive); die teils überzeichneten Kostüme stammen von Mona Ulrich. Als „Dance Captain“ agiert Bence Mezei. Denn es wird auch getanzt (toll neben den bereits Erwähnten: Frank Genser, Lavinia Nowak, Samouil Stoyanov und Souffleur Jürgen M. Weisert) in diesem Roadtrip in das Gehirn Horváths.
Fazit: Auf diese Produktion muss man sich einlassen. Wer das aber macht, wird reich belohnt.
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