Ein Markt im Schatten von Panama

"Untitled" von Jean-Michel Basquiat (1982) erzielte bei Christie's 57 Millionen US-Dollar.
In der New Yorker Auktionswoche ist das Preis-Niveau stark gesunken. Ein Österreicher in Delaware freut sich trotzdem.

„Er“ gab am Sonntagabend den Startschuss zur New Yorker Mai-Auktionswoche. Und „Er“ erregte Aufmerksamkeit, wenn auch eher durch seinen Wiedererkennungswert als durch seinen Preis.

Ein Markt im Schatten von Panama
(FILES) This file photo taken on April 29, 2016 shows the artwork 'Him',depicting Hitler on his knees in prayer by artist Maurizio Cattelan displayed during a press preview in New York. A statue of Hitler on his knees was auctioned May 8, 2016 for $17.2 million, a record for a work by the Italian artist Maurizio Cattelan. The wax and resin statue entitled simply "Him" had been expected to fetch between $10 million and $15 million at the auction by Christie's. / AFP PHOTO / KENA BETANCUR
„Er“ ist eine Skulptur des italienischen Künstlers Maurizio Cattelan, die einen betenden Hitler darstellt. Das Werk wechselte bei Christie’s um 17,2 Millionen Dollar (rund 15 Mio. €) den Besitzer: Viel Geld, aber doch viel weniger als die fast 180 Millionen US-Dollar, die vor einem Jahr bei Christie’s für Picassos „Femmes d’Alger“ bezahlt worden waren.

Bei der Auktion zeitgenössischer Kunst in der Nacht zum Mittwoch hatte Christie's immerhin einen Rekord aufzuwarten: Das monumentale Bild "Untitled" von Jean-Michel Basquiat, 1982 gemalt, ging um 57 Millionen US-Dollar - rund 50 Millionen Euro - an einen asiatischen Sammler. Es ist ein neuer Höchstwert am Markt für Basquiat, der in den 1980ern unter Andy Warhols Schirmherrschaft zum Kunst-Star aufgestiegen und 1988 an einer Überdosis Heroin gestorben war.

Doch auch bei Christie's blieben einige Top-Lose, darunter Mobiles von Alexander Calder, unter den Erwartungen. Bei Sotheby’s fiel die Moderne-Auktion am Montag noch deutlich schlechter aus: 21 der 62 angebotenen Kunstwerke blieben unverkauft, darunter ein auf 15 Millionen Dollar geschätztes Gemälde des Fauvisten André Derain. Immerhin gab es einen Rekord für ein Werk von Auguste Rodin – die Marmorskulptur „L’ Éternel Printemps“ (Der ewige Frühling) kam auf 20 Millionen Dollar.

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A member of staff poses with artwork entitled 'L'Eternal Printemps' 1901-02, by French artist Auguste Rodin, during a press preview of Sotheby's forthcoming Impressionist, Modern and Contemporary Art Sale in New York, at Sotheby's in London, on April 8, 2016. The painting is expected to realise £5.7-8.5 million pounds (7-11 million Euros, 8-12 million USD) at auction in New York between May 9 & May 11, 2016. / AFP PHOTO / BEN STANSALL / RESTRICTED TO EDITORIAL USE - MANDATORY MENTION OF THE ARTIST UPON PUBLICATION - TO ILLUSTRATE THE EVENT AS SPECIFIED IN THE CAPTION
Kurz vor der Auktion hatte Sotheby’s noch seine Zahlen für das erste Quartal 2016 bekannt gegeben – gegenüber dem selben Zeitraum 2015 verzeichnete man ein Minus von 35 Prozent bei Auktionsumsätzen.

Einige Analysten sehen in dieser Abkühlung ein notwendiges Korrektiv: Die Rekordpreise hätten für überzogene Preisvorstellungen bei Verkäufern gesorgt. Und da Auktionshäuser nach einigen Bauchlandungen vorsichtig damit geworden sind, Einbringern vorab hohe Summen zu garantieren, bleiben potenzielle Verkäufer lieber länger auf rekordverdächtigen Schätzen sitzen.

Am Parkplatz der Kunst

Fritz Dietl macht auch so ein gutes Geschäft: Der Wiener, der seit 1991 ein Transportunternehmen für Kunst in New York führt, hat im Vorjahr auch ein Zollfreilager für ästhetisch wie monetär wertvolle Waren eröffnet – in Delaware, dem Steuerparadies zwei Autostunden von New York. „Ich habe 3000 Quadratmeter Fläche, und ich hoffe, sie bis Ende des Jahres voll zu haben", sagt Dietl, der auch mit Neuzugängen nach der Auktionswoche rechnet. „Ein nächstes Gebäude ist schon in Planung.“

Ein Markt im Schatten von Panama
Der Delaware Freeport in Newark, Delaware.
Dietl verteidigt naturgemäß die Zwischenlager, die durch die „Panama Papers“ in den öffentlichen Fokus rückten: „Durch die Größe des Kunstmarkts ist einfach die Notwendigkeit von Freeports gewachsen“, sagt er. „Wenn ich ein brasilianischer Sammler bin, kann ich Kunst, die ich international kaufe, nicht in meine Heimat zurückbringen, weil die Steuerlast so hoch ist. Wenn Kunst eine Investition ist, muss man sich überlegen, ob man Einfuhr- und Umsatzsteuer zahlen soll.“

Er kenne alle seine Kunden, sagt Dietl – diese würden sehr wohl Einkommenssteuer zahlen, wenn sie ihre Kunst gewinnbringend veräußern. Außerdem seien es nicht nur Investoren, es gebe „viel mehr Leute, die aus Passion sammeln. Aber auch denen ist es nicht übelzunehmen, wenn sie Werke nicht sofort an die Wand hängen.“

Bleibt der Vorwurf, dass die Kunst, die bei Auktionen nun kurz das Licht erblickt, gleich wieder auf Jahre im Lager verschwindet. Für Dietl ist auch das „ein Märchen“: „Ich kenne keinen Sammler, der nicht gern Kunst verleihen würde“, sagt er. „.Kunst ist absolut zugänglich. Die Öffentlichkeit will nur viel von dem, was in Lagerhäusern sitzt, gar nicht sehen.“

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