Ein Künstler als Aufseher in der Albertina

Ein Künstler als Aufseher in der Albertina
Zeichner Moussa Kone führt in einem Kunstbuch aus der Perspektive des Personals durch die Räume des Großmuseums.

2004 hatte Moussa Kone (*1978 in Scheibbs) eben erst sein Studium an der Wiener „Angewandten“ abgeschlossen und versuchte, als Künstler Fuß zu fassen. Nebenbei arbeitete er als Aufseher in der Albertina, meistens abends und nachts bei Veranstaltungen: Bis 2007 ging das so. Mit seinen detaillierten, meist mit Tuschestift ausgeführten Zeichnungen konnte sich Kone tatsächlich einen Namen machen, und 2013 kaufte die Albertina eine neunteilige Serie von ihm an: Die wertvollen Werke an der Wand, die er als Aufseher einst zu schützen hatte, waren jetzt plötzlich auch seine eigenen.

Ein Künstler als Aufseher in der Albertina

Kunst und Arbeit

„Ich wollte diese Kluft, die im Museum zwischen der Welt der Arbeit und der Kunst liegt, in meinem Medium überbrücken“, sagt Kone über sein jüngst erschienenes Buch „Eine Naht aus Licht und Schwarz“. Für die darin versammelten Zeichnungen begab sich der Künstler erneut hinter die Kulissen der Albertina. Die Bilder zeigen Ausstellungshallen, in denen Spot-Scheinwerfer nur noch die bloße Wand beleuchten, hinter Tapetentürchen versteckte Kästchen, Putzwägen und Materiallager – aber auch einige der Saalfluchten und Kunstwerke, die Museumsbesuchern durchaus geläufig sind.

Ein Künstler als Aufseher in der Albertina

Kone sieht seine Arbeit einerseits in einer dokumentarischen Funktion – „die Abfolge der Zeichnungen entspricht der tatsächlichen Runde eines Aufsehers“–, andererseits zielt er darauf ab, die Hierarchien und Wertzuschreibungen im Museum zur Diskussion zu stellen. Ein Aufseher, für den seine Runden im Museum einfach nur Arbeit bedeuten, unterscheidet kaum zwischen mehr und weniger bedeutsamen Kunstwerken und den Dingen und Requisiten, die sonst noch das Museum ausmachen. Der Stift des Künstlers wiederum hebt automatisch alles auf die Ebene der Kunst, egal ob er nun den Fußboden oder ein Picasso-Gemälde darstellt.

Ein Künstler als Aufseher in der Albertina

Nicht nur Kones betont unexpressiver Schwarz-Weiß-Stil verwischt die Hierarchien im Buch augenfällig – der Zeichner tat sich auch noch mit dem Buchgestalter Walter Pamminger und dem Poeten Bastian Schneider zusammen, um sein Werk aus dem üblichen Korsett von Erklärtexten und Bildbeschriftungen zu befreien. Kurze Texte sind im Buch nun mit Zeichnungen und Beschreibungen derart kombiniert, dass sich weniger eine Leserichtung als ein offener Assoziationsraum ergibt. An einer Stelle ist der Schreibtisch des Direktors etwa einer eingeklappten Hantelbank gegenübergestellt, die Kone im Büro des Oberaufsehers entdeckte. Der Text dazu: „Artefakte einer Hochkultur / die untergehen musste (irgendwann).“

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