Die Sänger, Forscherin und Intendantin (Salzburger Pfingstfestspiele, ab Jänner 2023 zusätzlich Oper in Monte Carlo) war als Angelina in Gioachino Rossinis „La Cenerentola“ zu erleben – und es wird wohl nicht übertrieben sein, wenn man dieses Debüt in eine Reihe der ganz großen Erstauftritte in diesem Hause stellt.
Operngeschichte
Es gibt ja noch zahlreiche Opernliebhaber, die etwa dabei waren, 1956, als Maria Callas bei einem Gastspiel der Mailänder Scala unter dem Dirigat von Herbert von Karajan als Lucia di Lammermoor in Wien zu hören war (spätere Auftritte, etwa als Violetta, scheiterten an den Gagenvorstellungen, erzählt man sich). Callas kniete am Ende vor dem Maestro nieder – diese Geste ging in die Operngeschichte ein.
Nun sind freilich Callas und Bartoli als Persönlichkeiten und bezüglich des Repertoires nicht vergleichbar. Wie Callas einst ist Bartoli aber ein Superstar der Szene, eine Künstlerin, die ihr Fach perfektioniert hat, die auf der Bühne eine einzigartige Erscheinung ist und die ihr Publikum zu Begeisterungsstürmen hinzureißen vermag. Diesmal gab es keinen Kniefall, aber ewig lange Standing Ovations und sogar Zugaben von Bartoli und ihrem Ensemble – sie machte die Wiener Staatsoper zu ihrem Haus, endlich war ihr das möglich.
Ja, als die Staatsoper 1994 Mozarts „Cosí fan tutte“ spielte, war sie sieben Mal als Despina engagiert, das war jedoch im Theater an der Wien. Im großen Haus am Ring erklang ihre Stimme vor dem aktuellen Ereignis nur einmal im Rahmen einer Gala.
Keine halben Sachen
Nun handelte es sich – wie einst bei Callas – wieder um ein Gastspiel, konkret um eines der Opéra de Monte-Carlo. Und natürlich hätte die Partie der Angelina schon vor Jahrzehnten zur Bartoli und Wien gepasst. Aber auch heute gestaltet sie die Koloraturen phänomenal, besticht mit einem gewaltigen Stimmumfang, mit ihrer technischen Raffinesse, ihrem einzigartigen Timbre, ihrem Ausdruck und ihrer Spielfreude. Sie weiß auch genau, wann Präsenz gefragt ist und wann sie sich im Ensemble unterordnen kann.
Die Aufführung war semiszenisch – was jedoch bei Bartoli nur eine halbe Inszenierung ist, würde bei anderen für ein dutzend Inszenierungen reichen. Halbe Sachen gibt’s grundsätzlich nicht für sie.
Sie spielt bezaubernd, auf der Bühne, mit ihren Partnern und auch mit ihrem Publikum. Und sie hat so viel Humor und Witz, dass sie damit die Besucher zu unzähligen Lachern motiviert.
Fabelhafte Kollegen
Ihre Kolleginnen und Kollegen sind allesamt fabelhaft: der beeindruckende, höhensichere Tenor Edgardo Rocha als Don Ramiro, der lustige Nicola Alaimo als Dandini, Pietro Spagnoli als Don Magnifico, José Coca Loza als Alidoro, Rebeca Olvera (Clorinda) und Rose Bove (Tisbe) als ihre schrillen Stiefschwestern. Auch das ist eine Kunst: Sich mit den Richtigen zu umgeben.
Das Orchester, Les Musiciens du Prince – Monaco, unter der Leitung von Gianluca Capuano, spielt temporeich, erfrischend, fein akzentuiert, klingt aber manchmal etwas dünn im großen Haus.
Kann gut sein, dass manche Besucher immer noch applaudieren, wenn Sie das lesen. Über dieses Ereignis reden wird man jedenfalls noch in Jahren.
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