Ein Doppelagent, der die Welt rettete

Eine gewaltige Explosion auf der Erdoberfläche, sichtbar aus dem Weltraum.
Diese wahre Geschichte eines Spions schlägt jeden Agententhriller.

Oleg Gordijewski lebt noch heute, mehr als 35 Jahre nach seiner spektakulären Flucht aus der damaligen Sowjetunion, unter falschem Namen und beschützt in einer britischen Kleinstadt. Zu Recht, denn der ehemalige KGB-Agent Wladimir Putin verzeiht „Verrätern“ niemals – und Oleg Gordijewski, das war der höchstrangige sowjetische KGB-Spion, der je für die Briten spioniert hat.

Bestsellerautor Ben Macintyre, spezialisiert auf Spionageromane, hat das Leben des ehemaligen KGB-Obersten nachgezeichnet – so spannend, dass es schwerfällt, diese packendste Geheimdienstgeschichte des Kalten Krieges auch nur kurz aus der Hand zu legen. Elf Jahre lang hatte sich der vom MI6 rekrutierte Agent als einer der wertvollsten Spione der britischen Geschichte erwiesen, hatte enorme Mengen an Informationen über das Innenleben des KGB geliefert, hatte sowjetische Spionage-Netzwerke geknackt und nicht zuletzt dazu beigetragen einen Atomkrieg zu verhindern.

US-Präsident Reagan hatte mit seiner antisowjetischen Rhetorik vom „Reich des Bösen“ massive Ängste in der UdSSR geschürt. Das ließ den damaligen KGB-Chef Andropow glauben, dass die USA einen atomaren Erstschlag gegen die UdSSR vorbereiteten, und er wies seinerseits die Rote Armee an, dem möglichst zuvorzukommen. Im Grunde war diese Angst vor dem Westen die größere Gefahr als die sowjetische Aggression.

Überreaktion

Da Doppelagent Gordijewski den Briten vor Augen führte, wie sehr der KGB bereits mit einem Angriff rechnete und damit die Gefahr einer sowjetischen Überreaktion immer näher rückte, weil der KGB die westlichen Absichten falsch einschätzte, stieg selbst die britische Premierministerin Margaret Thatcher auf die Bremse: Reagan und die USA müssen ihre Tonlage mäßigen. Und das taten sie auch – auf Grundlagen der von Gordijewski gelieferten Informationen.

Doch was die Welt möglicherweise vor einer nuklearen Katastrophe rettete, wurde dem Spion letztlich zum Verhängnis. Die CIA wollte das wohl gehütete Geheimnis des MI6 lüften, wer deren „Superspion“ ist. Es dauerte nicht lange, bis sie Agenten NOCTON identifiziert hatten – und bis er wiederum von einem amerikanischen CIA-Doppelagenten gegen viel Geld an den KGB verraten wurde.

Als der Chef der KGB-Station in London im Juli 1985 blitzartig nach Moskau beordert wurde, ahnte Gordijewski bereits Übles. In allen folgenden Verhören, selbst unter Drogen gesetzt, konnte sich der kaltblütige Profi zumindest so weit verteidigen, dass selbst seine härtesten Gegner innerhalb des KGB noch Zweifel hegten. Aber Gordijewski wusste: Spätestens in ein paar Tagen würde er mit dem für Verräter üblichen Kopfschuss hingerichtet werden. Und er beschloss zu fliehen.

Das Buchcover von Ben Macintyres „Der Spion und der Verräter“ zeigt einen Mann vor dem Hintergrund des Kremls.

Ben Macintyre: „Der Spion und der Verräter“, Insel, 476 Seiten, 28 Euro

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