"Eden": Mit Daft Punk auf der Suche nach dem Paradies

„Schönheit der Hände“: Félix de Givry spielt einen DJ namens Paul, der unter dem Namen „Cheers“ in der Pariser Clubszene Karriere macht, aber nie den großen Durchbruch schafft.
Regisseurin Mia Hansen-Løve porträtiert in "Eden" die Pariser DJ-Kultur der 90er-Jahre.

Wenn man an die französische House-Musikszene der 90er-Jahre denkt, fällt einem sofort das elektronische Musik-Duo Daft Punk ein. Doch Daft Punk spielen nur eine Nebenrolle – wenn auch eine sehr wichtige – in dem hervorragenden, unaufgeregten Film "Eden" (derzeit im Kino) von Mia Hansen-Løve. Die französische Regisseurin hat mit "Eden" den ersten Film über die House-Szene der 90er-Jahre in Paris erzählt.

KURIER: Ihr Film "Eden" beginnt in den frühen 90er-Jahren: Die Zeitung Le Monde erklärt ihren Lesern, was Ecstasy ist. Die Rave-Kultur erscheint sehr nah und gleichzeitig doch auch schon wieder weit entfernt. Wie empfinden Sie das?

"Eden": Mit Daft Punk auf der Suche nach dem Paradies
Regisseurin Mia Hansen-Love, "Eden"
Mia Hansen-Løve:Es ist genau diese Mischung aus Nähe und Distanz, die mich befeuert. Die Geschichte ist von meinem älteren Bruder Sven inspiriert, der in den 90er-Jahren eine Karriere als DJ in der Pariser House-Szene machte. Als wir gemeinsam das Drehbuch zu schreiben begannen, hatte ich das Gefühl, dass diese Kultur noch greifbar nah ist. Doch für all die jungen Schauspieler in meinem Film war das alles längst Geschichte. Da habe ich erst bemerkt, wie alt ich schon bin (Hansen-Løve ist 34, Anm.). Ich wollte daher in diese Zeit zurückgehen und sie einfangen, bevor sie ganz verschwunden ist und bevor auch meine eigenen Erinnerungen daran verblassen.

Ihr Film ist auch ein Fest des Vinyls, des Umgangs mit Platten.

Ja, ich habe die Rückkehr zu den Dingen, die damals wichtig waren, sehr genossen. Nachdem mein Bruder als DJ aufhörte, hatte er keinen Platz für seine riesige Plattensammlung und musste sie bei seinen Freunden verstauen. Als wir zu drehen begannen, gruben wir all diese Platten wieder aus und gaben ihnen quasi ein neues Leben. Ein zentraler Punkt für mich war auch die Darstellung der Hände. Alles läuft bei einem DJ über die Hände, und ich wollte die Schönheit der Bewegungen zeigen.

Es gibt eine witzige Szene, in der das berühmte Musiker-Duo Daft Punk nicht in einen Club hineinkommt, weil man ihre Gesichter nicht kennt. Wie involviert waren die beiden?

"Eden": Mit Daft Punk auf der Suche nach dem Paradies
Daft Punk performs "Get Lucky" at the 56th annual Grammy Awards in Los Angeles, California January 26, 2014. REUTERS/Mario Anzuoni (UNITED STATES - Tags: ENTERTAINMENT) (GRAMMYS-SHOW)
Wir haben ihnen von Anfang an das Drehbuch zu lesen gegeben, weil wir ihren Namen so prominent benutzen und auch ihre Musik im Film verwenden wollten. Mein Bruder kannte sie schon, seit er 18 Jahre alt war, und sie gehörten derselben Freundesgruppe an. Einer von den beiden ist auch sehr cinephil und schätzt meine Filme. Sie haben uns sehr geholfen und sich bemüht, dass wir die Rechte zu ihren Soundtracks so günstig wie möglich erhalten.

Daft Punk wurden Weltstars, während Ihr Bruder letztlich nicht von seiner DJ-Karriere leben konnte und sie aufgab. Gab es da ein Gefühl von Bitterkeit?

Nein, er war niemals bitter, und das fand ich sehr schön. Das habe ich auch versucht zu erzählen: Dass die Hauptfigur Paul in meinem Film ein Fan von Daft Punk ist und weiß, was für ein besonderes Talent sie haben.

Natürlich ist ihm klar, was sie von ihm unterscheidet und das stimmt ihn melancholisch. Aber es hält ihn nie ab, ihre Musik zu lieben.

Woher kommt Ihr Titel "Eden"?

"Eden" war das erste französische Fanzine über House-Music und für die Szene und auch meinen Bruder unglaublich wichtig. Als ich den Titel hörte, wusste ich sofort, dass er genau auf meinen Film zutrifft: Es geht um ein Paradies, das verloren war und das es auch in den 90ern nicht mehr gab.

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