EC Comics: Eine Geschichte über "giftige" Zeichnungen

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Die Comics des New Yorker Verlags waren legendär wie berüchtigt. Ein mächtiger Bildband erinnert sich.

Mit Horror-, Science-Fiction- und Kriegsgeschichten revolutionierte der US-Verlag EC Comics in den Fünfzigern die Comic-Welt, die bis dahin nur glorreiche Superhelden kannte. Ein mächtiger wie prächtiger Bildband erzählt nun die Geschichte des Verlags.

Und diese beginnt 1947. In diesem Jahr erbte Bill Gaines EC Comics, den noch jungen Verlag seines legendären Vaters M. C. Gaines, der während seiner Zeit bei All-American Publications (der Verlag wurde danach von DC Comics gekauft) für die Geburt des Comics, wie wir ihn kennen, mitverantwortlich war und der Welt „Wonder Woman“ und „Green Lantern“ bescherte.

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Bald schon stand EC für "Entertainment Comics", gemeint war Erwachsenen-Unterhaltung der gerne blutigen und morbiden Art - gezeichnet von Größen ihres Fachs, darunter Al Feldstein, Harvey Kurtzman und Wally Wood.

Zu den erfolgreichen Titeln des Hauses zählten die "Tales from the Crypt", "Crime SuspenStories", "Weird Science" und das auch hierzulande von männlichen Pubertierenden gefeierte "MAD"-Magazin. Hatte es zuvor fast ausschließlich Superheldengeschichten gegeben, veröffentlichte EC Comics nun Horror-, Science-Fiction- und Kriegsgeschichten. Zusätzlich hielt man der US-Nachkriegsgeneration mit Geschichten über Rassismus, Selbstjustiz, Drogensucht, Polizeikorruption und Antisemitismus einen Spiegel vor.

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Das ging natürlich einigen zu weit: Die Empörung aus der konservativ-bürgerlichen Ecke war schnell zur Stelle. Mainstream-Medien wie "Time" und "Reader's Digest" griffen diese Stimmungslage auf und kampagnisierten gegen den Verlag. Die "Chicago Daily News" bezeichneten EC Comics etwa als "giftige, pilzartige Wucherungen." Und verschiedene Moralwächter der 1950er-Jahre waren überzeugt davon, dass die ausgefallenen Inhalte der EC-Comics Jugendkriminalität beförderten.

 

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Dabei waren die Arbeiten aus dem Hause EC Comics stets moralisch und humanistisch. Sie waren einfach nur kritisch, schonungslos und legten den Finger in die Wunden der US-amerikanischen Seele. Der Shitstorm (ja, so etwas gibt es nicht erst seit Twitter und Facebook) war schnell zur Stelle - er führte sogar dazu, dass sich EC Comics-Chef Bill Gaines bei einer Senatsanhörung zum Thema "Jugendkriminalität durch Comics" verantworten musste. 

"Comic Code"

Bald darauf wurde die "Comics Code Authority" (CCA) ins Leben gerufen, die noch 1954 einen "Comic Code" erließ: Er verbot für alle Comics die Darstellung von Kriminalität und Gewalt, gebot saubere Dialoge und dezente Kleidung wie die respektvolle Behandlung von Ehe und ausschließlich ehelichen Sex. Unverdächtige Hefte erhielten fortan ein "CCA"-Siegel, das die Unbedenklichkeit attestierte. Alle Inhalte, die als bedenklich eingestuft wurden, wurde in gewissen US-Staaten sogar verboten. 

Daraufhin verkauften sich EC-Comics kaum noch. Der Verlag stellte daraufhin ihr komplettes Horror-Segment ein, verordneten sich eine neue Ausrichtung, die allerdings floppte. Heute zählen die frühen Ausgaben längst zu raren Sammlerstücken, die bei Auktionen um sehr viel Geld den Besitzer wechseln. 

592 Seiten

Kürzlich hat der Taschen Verlag einen Bildband vorgestellt, der die faszinierende Geschichte dieses legendären Unternehmens nacherzählt – konzipiert, gestaltet und verfasst vom EC-Experten Grant Geissman in Zusammenarbeit mit der Familie Gaines, die dafür ihre Archive öffnete.

Mit mehr als 1.000 Abbildungen – darunter seltene und berüchtigte Cover, Innenseiten, Illustrationen, rare Fotos, Vintage-Originalzeichnungen – überzeugt "The History of EC Comics" nicht nur eingefleischte Comic-Liebhaber.

INFOS: "The History of EC Comics". Von Grant Geissman. Taschen Verlag. 592 Seiten, 150 Euro.

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