"Dracula" in Haag: Klatsch! Bumm! Boing! Flapp! Flapp! Flapp!

Graf Dracula taucht in London auf: Da schauen dann alle recht blöd aus der Wäsche 
Ein irrwitziger Tanz der Vampire gleich neben der Kirche: „Dracula“ von Kaja Dymnicki und Alexander Pschill beim Theatersommer

Im November 2016 eröffneten Kaja Dymnicki und Alexander Pschill das Bronski & Grünberg mit einer Dramatisierung von Bram Stokers Roman „Dracula“. Für den Theatersommer Haag haben sie ihre abgefahrene Bearbeitung aufgemotzt: Aus einem „Vampir-Melodram“ wurde eine „Horror-Komödie“ mit viel Slapstick. Da wird orgiastisch Blut jedweder Gruppe in die somnambule Lucy gepumpt, bis Elena Hückel wie ein Treppenhüpfer durch die Gegend springt.

In Haag hat man zum Frühstück viele Clowns verzehrt (auf die eine oder andere Art). Aber wie das so ist mit Zuckersachen: Irgendwann wird einem schlecht. Zumal Alexander Pschill die Geschichte mit maximaler Schlagzahl durchpeitscht – und alle wie aufgescheuchte Hühner herumrennen. Nur Stefan Lasko als chaplinesker Jonathan Harker, der Dracula eine Immobilie verkaufen soll, bleibt gelassen. Auch ob der Tatsache, dass dieser mit jeder Transfusion jünger wird und sich von einem diabolischen Greis (Raphaela Möst) in einen Grafen Danilo in Geberlaune (Boris Popovic) verwandelt.

Bühnenbildmäßig ist auf dem Hauptplatz natürlich mehr möglich als im Off-Theater: Nebeneinander hat Kaja Dymnicki die Schauplätze, die Prater-Grusel-Burg und das sehr britische Haus der Lady Westenraa mit Liebe zu Details hochgezogen. Und Pschill perfektionierte die Silent-Movie-Technik: Basis bildet über zweieinhalb Stunden ein komplexer Soundtrack mit allerlei komischen Geräuschen: Großes Kino! Klatsch! Bumm! Boing! Flapp! Flapp! Flapp!

Die Schauspieler machen dazu ihre Bewegungen, die Synchronizität ist erstaunlich, man hat viel zu lachen. Besonders über Christian Dolezal, der als Professor van Helsing mit nasalem Wienerisch den kruden Verschwörungstheoretiker gibt. Zwischen all dem Klamauk hat gar eine Reflexion über die kranke Gesellschaft Platz. Respekt!

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