"Ich bin ein Dienstleister"

BILD zu OTS - DJ Ötzi am 1. Dezember 2012. Das Gratiskonzert am Samstagabend zum Abschluss des 12. ClauWau. (C) Universal Music. Weiterer Text ueber ots und auf http://www.presseportal.ch. Die Verwendung dieses Bildes ist für redaktionelle Zwecke honorarfrei. Veröffentlichung unter Quellenangabe: "ots.Bild/Tourismus Engadin Scuol Samnaun Val Müstair AG".
Gerhard Friedle alias DJ Ötzi im Interview über Countrymusik und Angst vor Misserfolg.

Gerhard Friedle alias DJ Ötzi verkaufte mehr als 16 Millionen CDs. Im Interview erzählt der 43-jährige, warum er trotz des Erfolgs gerne etwas anderes ausprobieren würde. Und was er von Thomas Bernhard hält: „Der hat ja immer so über Österreich geschimpft. Ich glaub’, er hat nur Show gemacht. Deswegen ist er aufgefallen. Das ist das Wichtigste. Sonst ist man einer von vielen.“

KURIER: Warum sprechen Sie jetzt von Thomas Bernhard?

Gerry Friedle: Auch ich muss auffallen. Mein Spielfeld soll nur von mir bestritten werden.

Sie treten am 1. Mai im Prater auf. Nehmen Sie ein gewisses Folklorebewusstsein auch bei jungen Städtern wahr?
Ich trage keine kurzen Lederhosen. I ned. Da bin i ned dabei. Ich sing am 1. Mai, weil ich den Veranstalter kenn. Ich hab auch nix mit links und rechts zu tun. Wenn das was Politisches ist, dann sag ich’s heut noch ab. Ich will politisch denken und privat reden. Aber nicht öffentlich.

Die Frage war darauf ausgerichtet: Vor zehn Jahren konnte man mit dem Begrifft Heimat keine jungen Leute begeistern. Jetzt offenbar schon. Warum?
Es geht um Rückzug. Die Leute brauchen einen Anker. Den haben sie in der Politik und in der Religion nicht mehr. Aber in der Tradition.

Ihr Lied „Tirol“ handelt davon, dass Heimat etwas Wichtiges ist.
Super, dass Sie das Lied gehört haben. Und ja, das ist wichtig. Ich will wissen, wo meine Zentrale ist.

Wie geht sich das damit aus, dass die neue CD sehr für den deutschen Markt gemacht ist?
Ein schwieriger Spagat. Ich würde gerne mehr Mundart singen. Aber ich verkörpere diesen Spagat seit 15 Jahren. Ich orientiere mich daran, wo sich die Leute wiederfinden. Was ich hier mache, ist das, was die Leute wollen.

Den Leuten geben, was sie wollen: Ist das das künstlerisch Wichtigste?
Künstlerisch...ich mache auch eine Art von Kunst. Ich bin ein Dienstleister. Ich mache das nicht für mich, sondern für die Leute, die das gerne hören.

Die Musik, die Sie machen, würden Sie die gerne hören?
Die neue CD ist die erste, die ich mir durchgehend anhören kann.

Bisher hat Sie Ihre Musik nicht interessiert?
Schon, aber ich wollte immer etwas Besseres.

Zum Beispiel?
Ich würde gerne Country machen. Das find ich total schön, da würd ich mich wiederfinden, ich hab ja auch die Stimme dazu. Aber das braucht anscheinend keiner.

Sie glauben, Sie hätten damit keinen Erfolg?
Weil es noch zu früh ist.

Aber Sie sagen doch oft, dass es ihnen wichtig ist, im Jetzt zu leben. Wie lang wollen sie noch Dienstleister sein?
Ich habe erkannt, dass es meine Aufgabe ist, die Leute zu unterhalten. Aber vielleicht gibt es einmal einen Gerry, der in einer Bar am Klavier sitzt?

Was hören Sie privat?
Zucchero, Depeche Mode, Otis Redding, Aretha Franklin.

Auch „Down under“ von Men at Work, Anfang der 80er?
Ja. Riesennummer.

Wie ist es Ihnen gelungen, die Erlaubnis für eine Bearbeitung dieses Hits zu bekommen?
In Australien, wo Men at Work herkommen, ist DJ Ötzi sehr bekannt. Ich habe dort wahnsinnig viele Platten verkauft, war vier Wochen Nummer eins. Die haben sich genau angehört, was wir da vorhaben.

Im Lied kommt die Textzeile „Ich kum ausm Stubaital“ vor. Sie sind doch aus dem Ötztal?
Ja, aber es geht sich im Lied grad so gut aus. Und die Stubaitaler freuen sich.

Haben Sie Angst vor Misserfolg?
Nein, aber es würde mir wehtun, wenn mich die Leute nicht mehr mögen würden.

Ist das der Grund, warum Sie nichts Neues probieren?
Schau, ich hab Verträge. Und Fans, die genau das von mir erwarten. Würde ich das verschmähen, würd ich meinen Erfolg mit Füßen treten. Vielleicht bin ich einmal ohne Kappl. Aber das sind Träume. Ich will das, was ich mir erarbeitet habe, nicht kaputtmachen.

Wie wichtig ist Anerkennung?
Ich mache mein Leben nicht davon abhängig. Nicht mehr. Es hat eine Zeit gegeben, da wollte ich jedem gefallen. Aber ich weiß, dass das nicht geht. Das ist mein Leben und ich bin es leid, es verteidigen zu müssen.

13 Lieder plus vier Bonustracks befinden sich auf der CD „Es ist Zeit“. Darunter Coverversionen („I Need More Of You“ von den Bellamy Brothers) sowie Duette mit der Schlagersängerin Andrea Berg („Du kannst noch nicht mal richtig lügen“) und den Olsen Brothers („Geh diesen Weg mit mir“).

"Ich bin ein Dienstleister"
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Die Nummern sind im bewährten Hüttengaudi-Sound gehalten. Nur für Fans empfehlenswert. Bemerkenswert, aber unentschlossen, ist die Bearbeitung des traditionellen Liedes „Vogllisi“. Sehr gelungen ist dafür die Coverversion von „Down Under“: Statt „I come from the Land Down Under“ heißt es da: „I kimm aus’m Landl Tirol. Die Berg so hoch und tief ischs Tal.“

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