"Trotzdem über sich lachen"
Nach der Oscar-Gala steht fest, dass Hollywoods Schwarz-Weiß-Malerei einmal mehr zu einer Rassismus-Debatte beigetragen hat. Das zweite Jahr in Folge befand sich unter den nominierten Schauspielern kein einziger mit dunkler Hautfarbe. Oscarnominierte Animationsfilme wie "Zoomania" (Kinostart: Donnerstag) haben aber die angestrebte Diversifikation hinsichtlich Geschlecht und Ethnie bereits vorweggenommen.
Denn in diesem tierischen Utopia sind alle Kreaturen gleich – und wenn Disney ruft, dann werden auch große Stars zu Tieren. Wie die Pop-Ikone Shakira, die in "Zoomania" einer Gazelle im Lady Gaga-Outfit ihre Stimme leiht und für den Film sogar einen neuen Song namens "Try Everything" kreiert hat. Oder Armin Assinger, der für die Österreich-Fassung des Films das diebische Wiesel "Herzog von Pitzbühl" mit Kärntner Idiom ausstattet.
"Zoomania" entführt den Zuschauer in eine Welt, in der es nie Menschen gegeben hat. Dort führen sich die Tiere wie der Homo Sapiens auf und müssen sich mit ähnlichen Problemen herumschlagen. Wieder einmal sind es die Pixar-Studios ("Alles steht Kopf"), die bei Disney zeigen, wie im zeitgenössischen Animationsfilm der Hase läuft. Und dies im wahrsten Sinne des Wortes – denn trotz der kindlich-naiven Optik ist "Zoomania" ein spannender Krimi, in dem ein Fuchs und eine Häsin gemeinsam ein Verbrechen aufklären, das bis in höchste politische Kreise reicht.
Die Regisseure Rich Moore ("Ralph reichts") und Byron Howard ("Rapunzel") sorgen für rasante Gags.
KURIER:Ist "Zoomania" als optimistisches Gegenstück zu George Orwells Roman "Farm der Tiere" gedacht?
Byron Howard:Im Vergleich zu Orwell ist beinahe jeder Film optimistisch – sogar "Blade Runner", "Metropolis" oder "Brazil". Wir fühlen uns zwar geschmeichelt, mit diesem großartigen Autor in einem Atemzug genannt zu werden, aber bei Disney wären wir mit so einem hohen literarischen Anspruch hinausgeflogen. Wir haben die nun schon mehr als fünf Jahrzehnte anhaltende Disney-Tradition der sprechenden Tiere übernommen, um der heutigen Gesellschaft einen Spiegel vorzuhalten. Die Menschen sollen sich darin wiedererkennen und trotzdem über sich lachen können.
Rich Moore: Wir leben in einer Zeit, in der Humor und Optimismus willkommen sind, denn rund um uns herrscht genug Elend. Die sogenannten "Gutmenschen" sollten auch bereit sein, für ihre Ideale zu kämpfen und – so wie die Häsin Judy – für eine bessere Welt auch mit unseren Taten einstehen – und nicht nur populistische Reden schwingen.
Sie sprechen davon, dass Ihre Geschichte eine Botschaft hat – ein Wort, das in Hollywood ungern in den Mund genommen wird. Wie weit hat die Welt, in der wir heute leben, die moralische Aussage Ihrer Geschichte beeinflusst?
Howard: Ein Animationsfilm dauert Jahre bis zur Fertigstellung und daher ist es eher so, dass die aktuellen politischen Ereignisse unseren Film eingeholt haben und nicht umgekehrt. Die Moral von unserer Geschichte ist, dass jede Form von Gemeinschaft leider immer zu Konflikten führt und dass wir uns umso mehr darum bemühen sollten, ein friedliches Zusammenleben von Raub- und Beutetieren zu erreichen. Solche Gedanken und Diskussionen anzuregen ist die Aufgabe von Kunst.
Wie sehr beeinflusst Kunst Ihre eigene Lebenseinstellung?
Moore:In meiner Jugend war es in erster Linie das Kino, das mich beeinflusst und mir das System von Gut und Böse beigebracht hat. Junge Menschen brauchen positive Leitfiguren. Und daher halte ich es für sehr notwendig, dass immer wieder Helden ins Kino kommen, die unsere Welt retten wollen.
Ursprünglich sollte ja der Fuchs die Hauptfigur in Ihrem Film sein. Warum haben Sie dann die Häsin genommen?
Howard: Ja, das stimmt. Und wir hatten auch schon ein Jahr lang an der Animation dieser Figur gearbeitet. Aber dann ist Rich zu unserem Team gestoßen und hat auf die Erhöhung der Frauenquote bestanden. Wir haben uns also unter den Hasen umgesehen und Judy gefunden. Schlimm war es dann, den Animateuren beizubringen, dass damit die Arbeit eines ganzen Jahres vergeblich war …
In einer Szene sind die Tiere "nackt" in einem Wellness-Center. Wollten Sie sich damit über die Prüderie bei Disney lustig machen?
Moore: Wir spinnen eben, wir Amerikaner – zumindest was Nacktheit und Sex betrifft. Bei Gewaltszenen sind wir weniger heikel.
Sie haben ja in einigen Ländern bereits Testvorführungen gemacht – sind Sie da überall auf das gleiche Verständnis für die Darstellung Ihrer menschlichen Tiere gestoßen, oder gibt es da kulturelle Unterschiede?
Moore:Die Tiere haben tatsächlich in verschiedenen Kulturen unterschiedliche Bedeutungen. Nur ein Tier hat weltweit die gleichen Reaktionen und viel Gelächter hervorgerufen – das Faultier als Beamter. Beamte sind offenbar überall gleich – das wird in Österreich nicht anders sein.
Von Gabriele Flossmann/KURIER
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