„Dieses Werk spielt man nur, wenn man eine exzellente Besetzung zur Verfügung hat. Und die haben wir glücklicherweise!“. Bertrand de Billy ist voll des Lobes über jenes Ensemble, das im Theater an der Wien eine echte Rarität wiederbeleben will: Gaspare Spontinis 1807 uraufgeführte Oper „La Vestale“.
„Damals war ,La Vestale’ ein großer Erfolg, weil sie völlig dem Zeitgeschmack entsprach. Ein historischer Stoff, der die Liebe zwischen der Priesterin Julia und dem römischen Feldherren Licinus behandelt. Wenn man so will, ist das eine ,Norma’ mit Happy-End“, sagt der französische Dirigent im KURIER-Gespräch. Und: „Wenn wir schon bei Bellinis ,Norma’ sind: Spontini hat sehr viel für die Musikgeschichte getan. Man hört in ,La Vestale’ Bellini, Donizetti, Rossini, ja auch Gluck. Und man weiß auch, woher Richard Wagner später viele Anregungen genommen hat. Wobei Spontinis Musik doch immer eine ganz eigene Note hat.“
Zick-Zack-Kurs
Doch worin bestehen für den Dirigenten und die Wiener Symphoniker die größten Herausforderungen? „Spontini fährt musikalisch einen absoluten Zick-Zack-Kurs. Da gibt es keine geradlinige Entwicklung wie etwa bei Mozarts ,Idomeneo’. Wir Musiker müssen auf der Hut sein, immer die richtige melodische Abzweigung zu nehmen und dennoch das große Ganze im Auge zu behalten. Aber da bin ich insgesamt sehr zuversichtlich“, lacht der ehemalige Chefdirigent (2002 bis 2010) des RSO Wien.
Stichwort RSO: „Ich freue mich sehr, welche Entwicklung das Orchester genommen hat und dass der ORF auch anlässlich des 50-jährigen Bestehens des RSO ein klares Bekenntnis zu diesem Klangkörper abgegeben hat.“
Herzensdinge
Doch würde es De Billy nicht reizen, selbst wieder ein Orchester zu leiten? „Wenn die Umstände passen, die künstlerischen Visionen stimmen und die richtigen Personen am Werk sind, gern. Aber ich muss nicht unbedingt wieder Orchesterchef sein. Als freier Dirigent lebt es sich ja auch sehr gut und man kann Dinge realisieren, die einem wirklich am Herzen liegen.“
Auch in Wien? „Ich bin ja aus künstlerischen Gründen freiwillig von der Staatsoper weggegangen. Aber unter dem neuen Direktor Bogdan Rošcic komme ich ins Haus am Ring zurück. Und Intendant Roland Geyer hat mir für seine finale Saison im Theater an der Wien auch wieder eine schöne Aufgabe übertragen. Wien wird für mich also wieder zentraler. Denn vor allem emotional war ich nie ganz weg.“
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