Die erste Delle hat man bereits durchgemacht: Die letzten Staffeln vieler Serien waren Corona-bedingt verkürzt, Drehs der letzten Folgen wurden abgebrochen. Manche Produktion wie „Blacklist“ oder „Good Fight“ rettete sich mit einem im verteilten Home Office erstellten Animationsfinale über ein allzu abruptes Aus hinweg. Die Kinos sperrten zu, das gesamte Frühlingsprogramm wurde verschoben.
Die zweite Delle aber läuft bereits. Sie betrifft die Verluste, die fertige Großproduktionen kassieren werden. Und die Folgen, die das für kommende Serien und Filme haben wird. Noch wollen viele diese nicht einbuchen und halten ihre teuren Produkte zurück: Millionenschwere Großproduktionen wie „Tenet“ werden angesichts der geschlossenen Kinos auf den Sankt-Nimmerleins-Tag verschoben. Andere, wie Disneys „Mulan“, kommen an den Kinos vorbei direkt ins US-Streaming. Ob der Film dort aber angesichts des stolzen Ausleihpreises von 30 Dollar fürs einmalige Sehen nennenswert Geld einspielen wird, das weiß man genauso wenig einzuschätzen, wie die Auswirkungen dieses Einnahmenknicks für die kommenden Monate und Jahre.
Denn gerade die Kinobranche hantiert zwar gerne mit immensen Beträgen, ist aber trotzdem immer auf Sichtweite der Pleite. Das merkte man an der Film-Monokultur, die schon vor Corona die Kinos beherrschte: Abseits der großen drei Geldbringer – Superhelden, Fantasy/Science Fiction, Animation – traute sich kaum jemand mehr, für Filme viel Geld in die Hand zu nehmen.
Was dazu führte, dass die Tsching-Bumm-Produktionen die Kinocharts dominierten – und sowohl innovativere als auch stille Filme ins Streaming wanderten. Mehrere hundert Millionen Dollar in den Sand zu setzen – das können und wollen sich auch die größeren Studios nicht leisten (Disney fuhr allein mit seinen Themenparks eh schon ein Minus von 3,5 Milliarden Dollar ein).
Und so werden auch im Herbst geplante Highlights wohl nicht in die Kinos kommen. „James Bond“ (geplanter Start im November) könnte laut Forbes bis in den Sommer 2021 durchrutschen.
Und den da geplanten neuen „Jurassic World“-Film um weitere Monate nach hinten kicken. Viele weitere große Produktionen werden wohl verschoben oder übers Internet verkauft werden. Für die Kinobetreiber bahnt sich ein bitterer Herbst an.
Wesentlich besser als den Kinos geht es eigentlich den Streaminganbietern: Sie sind Nutznießer der Corona-bedingten Häuslichkeit. In Großbritannien hat sich die Zeit, die die Menschen vor Netflix, Prime Video oder Disney+ verbringen, während der Pandemie verdoppelt, 12 Millionen neue Streamingabos wurden abgeschlossen.
Aber das hilft auch nichts, wenn der Nachschub wackelt: Auch im Streamingfernsehen hat der Verschiebe-Reigen schon eingesetzt. Die elfte Staffel von „Walking Dead“ ist ebenso verschoben wie der Start einer neuen Marvel-Superheldenserie bei Disney+ oder die lange angekündigte „Friends“-Reunion.
Erste Drehs sollen dieser Tage starten – wohlgemerkt für Serien, die bereits im Herbst zu sehen sein sollen. Jede weitere Bewegung bei den Infiziertenzahlen in Nordamerika hat hier sofort Auswirkungen. So könnte der Herbst auch für jene, die gerne neuen Serien-Stoff schauen, mager werden – und das nützt eigentlich nur Disney+ mit seinem Riesenkatalog an Disney-Produkten.
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