"Die Verwandlung" am Akademietheater: Was heißt denn hier Ungeziefer!

"Die Verwandlung" am Akademietheater: Was heißt denn hier Ungeziefer!
Sehenswert: Kafkas bekannte Parabel als hübsches, schlaues Ausstattungstheater in expressionistischen Farben.

Bei Franz Kafkas "Die Verwandlung" steht der innere Gymnasiast sofort Gewehr bei Fuß: Man arbeitet im Kopf brav all die Interpretationsspielarten ab, die der berühmten Parabel mit dem ikonischen Anfangssatz längst aufgepropft wurden. Nein, da geht es natürlich nicht um ein Ungeziefer! Gregor Samsa verweigert sich den kapitalistischen Verwertungszusammenhängen und wird dafür vernichtet, ist schwul (oder, huch, vegan), oder verwandelt sich gar nicht selbst, sondern ist Opfer psychischer und physischer Übergriffe durch die Familie. Und so weiter.

Dass Maturanten, Deutschlehrer und Germanisten gemeinsam schon allen Interpretationssaft aus der "Verwandlung" herausgewrungen haben, ist eine gute Ausgangsposition für Regisseurin Lucia Bihler: Sie muss im Akademietheater keine Kafka-Exegese betreiben, sondern macht in hübschem und schlauen Ausstattungstheater Gregor Samsa schlicht zur Theaterfigur, die dem Autor Kafka ausgeliefert ist.

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