Die Venusfalle Pompadour schnappt nicht zu

Die Venusfalle Pompadour schnappt nicht zu
Mit Leo Falls "Madame Pompadour" sitzt die Wiener Volksoper zwischen allen musikalischen und szenischen Stühlen.

Nach gefühlten sechs und realen drei Stunden (inklusive Pause) ist es endlich geschafft: Leo Falls "Madame Pompadour" hat alle erfolgreich düpiert; König Ludwig, ihren Leider-nicht-Geliebten René, den bösen Polizeispitzel Maurepas und dessen Gefolge.

Ja, es ist vollbracht: Die Wiener Volksoper hat eine Neuproduktion von Falls 1922 in Berlin uraufgeführter, reizvoller Operette im Repertoire – eine Aufführung, die bitte, bitte noch viel, viel kürzer dauern kann.

Textlawinen

Denn Regisseur Hinrich Horstkotte (auch Bühnenbild und Kostüme) kann sich nicht entscheiden. Mache ich große, klassische Operette? Nähere ich mich dem Chanson an? Oder doch eine Spur Kurt Weill und Gesellschaftskritik der Marke Bert Brecht? Oder bin ich lüstern-frivol und zeige die amourösen Irrungen und Wirrungen dieses nicht unproblematischen Stücks auf? Oder gestalte ich die Dialoge extrem bedeutungsschwer, als wäre es ein Werk von Elfriede Jelinek?

Horstkotte macht das alles und nichts zugleich: Da gibt es ein wenig (prüden) Sex-Appeal , nackte Pappmaché-Brüste (auf der kitschig-rosa-hellblauen Bühne) samt oft unvorteilhafter, historisierender Kostüme, eine riesige auszieh-, und ausklappbare Pompadour wie zuletzt einen nackten Männer-Po.

Perücken kommen noch dazu. Und Text. Sehr viel Text. Mit Zitaten und mitunter platten Scherzchen aufgemotzt. Verständlich, aber unfassbar langweilig. Denn Tempo, Timing und Dialogregie stimmen gar nicht.

Musikkargnis

Das alles ist in sich zwar stimmig, trägt aber nichts zur musikalisch ebenfalls eher kargen Handlung bei. Sicher: Die drei, vier Hits funktionieren auch dank Dirigent Andreas Schüller und des Orchesters. Und mit Annette Dasch hat die Volksoper einen Gast, der als Pompadour vor allem komödiantisch überzeugt. Gesanglich hat Dasch – nach einer erfolgreichen "Lustigen Witwe"-Serie in Tokio – aber noch Potenzial nach oben.

Als "ihr" René gefällt Mirko Roschkowski mit klarem, lyrischem Tenor. Das Buffo-Paar ist mit Boris Pfeifer und Beate Ritter gut besetzt. Aus dem großen Ensemble ragen Gerhard Ernst als Polizeiminister und Wolfgang Gratschmaier als dessen Agent heraus; ein Genuss ist Heinz Zednik als köstlicher König. Dennoch: Die selbst ernannte "Venusfalle" Pompadour – sie schnappt nicht zu.

KURIER-Wertung: *** von *****

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