Crack rauchen mit dem "Anchorman"

Crack rauchen mit dem "Anchorman"
Ausnahmekomiker Will Ferrell moderiert wieder mit seiner Spaßtruppe + Große Zerreißprobe in "Le Passé"

Ron Burgundy lernt seinen neuen Chef kennen. Der neue Chef ist eine Frau und sie ist ... schwarz.

Burgundy ist perplex. „Schwarz“, sagt er entgeistert: „Schwarz.“ Und lauter: „Schwarz!“

Betretenes Schweigen im Raum. Aber Burgundy kann sich nicht zurückhalten. Er beißt seine Zähne zusammen. Aber dieses Wort, es quillt in seinem Mund, es bläht ihm die Backen auf, es will aus ihm hinaus. „Schwarz!!!“ brüllt Burgundy schließlich haltlos: „Schwarz!!! Schwarz!!! Schwarz!!!“

Diesen fürchterlichen Kampf zwischen Wort und Mensch, den muss man sich in Will Ferrells trefflichem Komödiengesicht vorstellen. Wie bei einem Juckreiz beginnt es erst an seiner Nasenwurzel zu zucken und an seinen Wangen zu zerren. Dann erfasst es schließlich wie Schüttelfrost den ganzen Mann – vom Schnauzer bis zur Polyesterhose. Dazu setzt Ferrell gezielt seinen berühmt bornierten Blick ein. Diese Fähigkeit, der Dümmlichkeit ein Antlitz zu geben, hat ihn nicht umsonst zum famosen Imitator von George W. Bush werden lassen.

Gut geföhnt: Bilder aus "Anchorman 2"

Crack rauchen mit dem "Anchorman"

Film: Anchormen 2…
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Film: Anchormen 2…
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Film: Anchormen 2…
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Film: Anchormen 2…
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Film: Anchormen 2…
Crack rauchen mit dem "Anchorman"

Film: Anchormen 2…
Crack rauchen mit dem "Anchorman"

Film: Anchormen 2…

Mühelos kann der Ausnahmekomiker auch das regressive Kind in sich entfesseln. Gekonnt kombiniert er übersteuertes Alpha-Männchen-Gehabe mit infantiler Wehleidigkeit. Etwa, wenn ihm die neue Chefin empört in den Bauch tritt. Winselnd krümmt sich Ron Burgundy, wimmert mit erschreckend hoher Piepsstimme. „Reiß dich zusammen“, zischelt sein Kollege peinlich berührt, „du klingst, als würde man einem Ballon die Luft auslassen.“

Kult-Status

Ja, Fernsehsprecher Ron Burgundy ist zurück. Nach „Anchorman 1“, der in den knapp zehn Jahren seit seines Erscheinens edlen Comedy-Kultstatus angesetzt hat, kehrt die Spaßtruppe in alter Besetzung wieder.

Ron hat zwar in der Zwischenzeit seine ehemalige Konkurrentin – die patente Christina Applegate – geheiratet und arbeitet mit ihr als Fernsehsprecher-Duo in New York. Doch die Ehe bricht auseinander, als sie befördert und er gefeuert wird. Indigniert heuert Ron bei einem neuen Sender an, der rund um die Uhr Nachrichten sendet. Immerhin schreiben wir 1980, das Gründungsjahr von CNN.

Ferrell und sein kongenialer Regisseur Adam McKay lieben die Komödie als Ensemble-Spiel. Wie gut der Spaß in der Gruppe flutscht, beweisen seine alten Berufskollegen, die Ron für den neuen Job engagiert.

Sein Sportreporter-Kumpel Champ Kind – manisch-aggressiv: David Koechner – serviert inzwischen frittierte Fledermäuse („Die Fledermaus – das Huhn der Höhle“). Schönling Brian Fantana – bestens beschränkt: Paul Rudd – fotografiert Pussys in Form kleiner Katzen. Und Wetterfrosch Brick Tamland – genial neben der Spur: Steve Carell – schluchzt auf seinem eigenen Begräbnis.

Gemeinsam treten sie nun wieder vor die News-Kamera – und rauchen Crack oder erfinden Tornados.

„Funny or Die“ nennt Will Ferrell seine Komik-Website, und das gilt auch für seine Gags: Nicht alle funktionieren. Aber wenn, dann könnte man vor Lachen auch gleich sterben.

KURIER-Wertung:

INFO: "Anchorman 2 – Die Legende kehrt zurück". USA 2013. 119 Min. Von Adam McKay. Mit Will Ferrell, Paul Rudd, Steve Carell.

Crack rauchen mit dem "Anchorman"
Genial komische Reporter (von links): Steve Carell, David Koechner, Will Ferrell und Paul Rudd moderieren das, was sie Nachrichten nennen

Die Vergangenheit ist nicht tot, sie ist nicht einmal vergangen, heißt es einmal bei William Faulkner (und Christa Wolf). Diese schmerzliche Erfahrung bestimmt wie die intensive Spannung eines Thrillers das Leben einer zerbrechenden Familie. Eingeklemmt zwischen Ex-Gatten und zukünftigem Ehemann beginnt die Gegenwart einer jungen Frau zu erodieren. Der Boden verschiebt sich, die Perspektiven wechseln. Kein Baustein der Gefühle bleibt auf dem anderen – und wie immer in solchen Situationen, verschärft das Unglück der Kinder die Lage ungemein.

Mit seinem hervorragend komplexen Scheidungsdrama „Nader und Simin – Eine Trennung“ betrat der iranische Regisseur Asghar Farhadi souverän die Bühne des großen Weltkinos. Ein Auslandsoscar und ein Goldener Bär sicherten ihm globale Anerkennung.

Mit dem ebenfalls exzellenten Drama „Le Passé “ verließ Farhadi den religiös-kulturellen Zusammenhang des Iran; seine neue Scheidungsgeschichte pflanzte er – wohl auch dank französischer Fördergelder – in den Kontext einer schäbigen Pariser Vorstadt.

Ahmad hat vor vier Jahren seine französische Frau Marie und zwei Kinder verlassen, um in seine Heimat Teheran zurückzukehren. Nun reist er nach Paris, um einen offiziellen Scheidungstermin wahrzunehmen. Er zieht vorübergehend wieder bei Marie ein und landet mitten in ihrem verzweifelten Versuch, eine neue Patchwork-Familie zu gründen.

Zuerst begegnen einander alle – Ex-Mann, Ex-Frau, der zukünftige Mann und drei Kinder – mit freundschaftlicher Höflichkeit. Doch binnen Kurzem bekommen die internen Verwicklungen eine beängstigende Beschleunigung, deren Zentrifugalkraft alle auseinanderzureißen droht. Zwischen Ahmad und Marie klaffen immer noch ungeheilte Wunden; zwischen Marie und ihrem neuen Freund steht schuldhaft dessen Ehefrau, die nach einem Selbstmordversuch ins Koma fiel. Und dazwischen revoltieren die Kinder.

Keine Moral

Farhadis große Stärke liegt– wie immer – in der präzisen Beobachtung menschlichen Verhaltens, ohne moralisch zu verurteilen. Er bevorzugt niemanden und steht allen Figuren gleichermaßen nahe. Selbst der charismatische Iraner Ali Mosaffa als Ahmad, der souverän die Umgebung in seinen Bann schlägt, wird durch genaue Schattierungen seines Charakters abgerundet. Bérénice Bejo – bekannt aus „The Artist“ – durchleidet als Marie eine bewundernswert große Gefühlspalette. Und der immer spannende Tahir Rahim („Ein Prophet“) ergänzt das prekäre Liebesdreieck mit seiner komplexen Präsenz.

Farhadi beschränkt sich nicht auf ein nuanciertes Melodram in einem genau beobachteten Milieu. Die Schuldfrage des Selbstmordes unterfüttert mit Krimispannung das Emotionsgefüge. Nach und nach fördert er Details zutage, die wie bei einem Kaleidoskop das Bild ändern. Und am Ende ist die Vergangenheit immer noch nicht tot. Aber sie ist doch ein Stück mehr vergangen.

KURIER-Wertung:

INFO: Le Passé – Das Vergangene. F 2013. 130 Min. Von Asghar Farhadi. Mit Bérénice Bejo, Tahar Rahim.

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Exzellentes Drama: Bérénice Bejo (mit Ali Mosaffa) wurde in Cannes als beste Darstellerin ausgezeichnet
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Es ist ein berühmter Mythos in Japan: Jene 47 herrenlosen Samurai (Ronin), die im 18. Jh. in bedingungsloser Treue den Tod ihres Herren rächten. Seltsam lang hat es gedauert, bis die tragische Geschichte nun zu Blockbuster-Ehren kam.

Mit Keanu Reeves bewegt sich ein berühmtes Hollywood-Gesicht im überwiegend japanischen Cast. Er verkörpert Kai, einen Ausgestoßenen, der den Ronin im Kampf gegen Bösling Kira beistehen darf. Neben Ehrgefühl treibt ihn die Liebe zu Mika an, die ähnlich wie Robin Hoods Marian vom Feind gefangen gehalten wird.

Die Fantasy-Saga wartet mit düsterer 3-D-Optik, prächtigen Kostümen, fernöstlichen Riten und opulenten Kampfszenen auf. Dennoch geriet der 175-Mio.-Dollar-Streifen in den USA und Japan zum Flop. Blutleer und eindimensional wirken die Charaktere, Reeves’ Textbuch findet auf einem Post-it-Zettel Platz. Wenn dann noch eine Seestadt, eine Art Ork-Kämpfer und ein animierter CGI-Drache ins Bild kommen, beschleicht einen das Gefühl, die humorfreie Fernost-Version des zweiten „Hobbit“-Films vor sich zu haben. Diese Rechnung geht aber nicht auf.

KURIER-Wertung:

INFO: "47 Ronin". USA 2013. 118 Min. Von Carl Erik Rinsch. Mit: Keanu Reeves, Hiroyuki Sanada, Tadanobu Asano, Ko Shibasaki, Rinko Kikuchi.

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Langweilig wäre wohl das letzte Attribut, das einem zu dem Leben des berühmten Befreiungskämpfers und späteren Staatspräsidenten von Südafrika, Nelson Mandela, einfallen würde. Doch in diesem völlig Handschrift- losen, auf Hochglanz polierten und bis zum Abwinken konventionellem Bio-Pic geschieht genau das: Ein bewegtes, komplexes, womöglich kontroversielles Leben verflacht zu einer Klischee-verliebten Pathos-Story, die niemandem wehtut. Zwar spielt Idris Elba seinen Mandela mit der Durchschlagskraft eines exzellenten Schauspielers. Doch bei einem glattgebügelten Drehbuch, in dem Apartheid als gediegener Straßenkampf daherkommt und Rassismus als wohltemperierte Ungerechtigkeit, kann er keinen Eindruck hinterlassen. Das Politische verflüchtigt sich hier ins Private – das größte Drama des Films erzählt vom Unfalltod von Mandelas Sohn.

Gehorsam buchstabiert Justin Chadwick die wichtigsten Lebensstationen herunter – vom ersten Polit-Engagement bis zu den Jahrzehnten im Gefängnis. Aber keine Sorge: Auch dort bleibt es immer erbaulich.

KURIER-Wertung:

INFO: "Mandela – Der lange Weg zur Freiheit". GB/ZA 2013. 141 Min. Von Justin Chatwick. Mit Idris Elba, N. Harris.

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Der 30. Hochzeitstag fängt nicht gut an. Die erste große Krise bricht aus bei der Farbe Beige: In einem beigen Hotelzimmer will Meg nicht absteigen. Ihr Mann Nick kann gerade noch ins Taxi hineinspringen, in dem seine Frau davonfährt. Nächster Halt: das Fünf-Sterne-Luxus-Hotel. Doch auch der Glamour der neuen Umgebung kann nicht darüber hinwegtäuschen, dass eine alte Liebe schäbig geworden ist. Ein britisches Pärchen in den sogenannten besten Jahre in Paris: „Notting Hill“-Regisseur Roger Michell bemüht sich um eine subversive Kombination von britisch-nüchternem Komödien-Humor und der Verspieltheit französischer Nouvelle-Vague-Filme. Mit durchwachsenem Erfolg. Der immer unterhaltsame Jim Broadbent spielt seinen frühpensionierten College-Professor mit dem Gesichtsausdruck eines zerzausten Käuzchens. Lindsay Duncan als frustrierte Ehefrau wirkt in ihrer prüden Unzufriedenheit öfter kapriziert als reflektiert.

Richtig Tempo macht erst eine Zufallsbegegnung mit Nicks Ex-Kollegen: Den spielt Jeff Goldblum, und der ist hysterisch-komisch.

KURIER-Wertung:

INFO: Le Weekend. GB 2013. 93 Min. Von Roger Michell. Mit Jim Broadbent, Lindsay Duncan, Jeff Goldblum.

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Jim Broadbent und Lindsay Duncan fahren nach Paris, um ihren 30. Hochzeitstag zu feiern: „Le Weekend".

Wie wird man zum Mörder, oder gar zum Serial-Killer? Für eine amerikanische Psychiaterin liegt der Fall klar: Es gibt ein Killer-Gen, und es ist angeboren. Andere sind sich da nicht so sicher: Ein Ex-FBI-Profiler weiß keine Antwort – und greift zur Bibel. Barbara Eders neue Doku „Der Blick in den Abgrund“ folgt den Arbeitsmethoden von Profilern und forensischen Psychologen, die sich mit der Lösung grässlicher Mordtaten und der Entschlüsselung von Verbrechergehirnen befassen.

Ein finnische Spezialistin etwa rätselt noch in der Sauna darüber, wie die Stichwunden eines Opfers zustande kamen. Insgesamt bleibt Eders Doku gleichzeitig spektakulär und seltsam unergiebig: „Was sehen Sie, wenn Sie in den Abgrund blicken?“, fragt ein Psychologe einen Mörder und Vergewaltiger. Die Antwort: „Nichts.“

KURIER-Wertung:

INFO: Der Blick in den Abgrund. Österreich 2013. 80 Min. Von Barbara Eder. Mit Helen Morrison, R. L. Depue.

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