Die besten Regisseure, Schauspieler und Häuser
Ein bemerkenswertes Theaterjahr geht zu Ende. An den großen Wiener Bühnen, aber auch in den Bundesländern und in der Off-Szene gab es bis zuletzt spektakuläre, kluge Inszenierungen in großer Zahl. In einer Branche, in der das Geld – wie überall – immer weniger wird, ist nach wie vor ein großes Potenzial an Kreativität vorhanden, und auch die Besucherzahlen sind allerorts erfreulich.
Der KURIER wählte – auch heuer wieder streng subjektiv – die besten Schauspieler und Schauspielerinnen, die besten Regisseure und Regisseurinnen, die besten Theater und die besten Off-Bühnen. Was für die eingangs aufgestellte These spricht: Die Wahl fiel so schwer wie schon lange nicht. Denn es gäbe auch andere Theatermacher, die spannende Arbeiten ablieferten. So blieb die Suche nach Außergewöhnlichem. Sei’s eine Bühnen-Newcomerin, die die Kolleginnen glatt an die Wand spielte, oder ein Theater, das sich traute, drei Monate lang nur ein Stück zu bringen. Unsere Hoffnung: Dass Ende 2013 die Wahl wieder so schwer fällt.
Platz 1: Christiane von Poelnitz
Platz 2: Johannes Krisch
Er ist in Nebenrollen verlässliche Stütze jeder Burg-Produktion. Er schmückt jede Film-Besetzungsliste. Und auch in niveauvollen Fernseh-Produktionen macht er sich prächtig. Wie außergewöhnlich gut dieser Schauspieler aber sein kann, das zeigte er zuletzt in „Der Alpenkönig und der Menschenfeind“ am Burgtheater. Als Alpenkönig ist er ein packender, unheimlicher, wilder Erdgeist, in den Verwechslungsszenen sehr komisch, obendrein singt er auch noch fantastisch. Mehr davon!
Platz 3: Jessica Schwarz
Man kennt sie aus Film und Fernsehen, als Tony Buddenbrook oder als Romy Schneider. Diesen Dezember gab Jessica Schwarz ihr Bühnendebüt. Am Landestheater Niederösterreich spielte sie in der Krimikomödie „Acht Frauen“ das sexy Kammerkätzchen Louise – auf Augenhöhe mit ihren langgedienten Theaterkolleginnen. Denen streute Schwarz im KURIER-Interview Rosen: „Ich gestehe, ich hatte Angst, live vor Publikum aufzutreten, aber ich werde von allen toll unterstützt.“
Platz 1: Stefan Bachmann
Dass Theater eine Extremsportart ist, bewies der Schweizer mit seiner Inszenierung von Elfriede Jelineks „Winterreise“ am Akademietheater. Auf 45 steiler Bühne rodelten die Schauspieler durch die Textmassen. Bravo fürs Bravourstück!
Platz 2: Alexandra Liedtke
Die aus Dortmund stammende Regisseurin hatte in Wien keinen leichten Einstand – immer wieder wurde ihr unterstellt, sie profitiere beruflich von ihrer Ehe mit Burgchef Matthias Hartmann. Vergessen wurde dabei, dass Liedtke seit Jahren an bedeutenden Bühnen in Deutschland erfolgreich arbeitet. Spätestens mit ihren Josefstadt-Inszenierungen von „Blackbird“ und „Hedda Gabler“ ist auch in Wien klar: Hier arbeitet eine hervorragende, sehr uneitel und klar inszenierende Regisseurin.
Platz 3: Michael Thalheimer
Der aus Frankfurt stammende, vor allem in Berlin tätige Regisseur debütierte 2011 mit Brechts „Die heilige Johanna der Schlachthöfe“ an der Burg – und fiel sofort mit seinem kraftvollen Stil auf. Seine Inszenierung von Hugo von Hofmannsthals „Elektra“ am Burgtheater ist eines der Top-Ereignisse dieser Saison: Zur Gänze in einer schmalen Spalte im Bühnenbild (Olaf Altmann) spielend, artifiziell, radikal gekürzt, gnadenlos intensiv – wunderbar unterstützt von der Musik von Soap & Skin.
Platz 1: Burgtheater
Ja, es ist unfair – welches Theater verfügt über vergleichbare Ressourcen? Aber die Wahrheit ist: Matthias Hartmanns Burgtheater bliebt konkurrenzlos. Neue Glanzleistungen: „Alpenkönig“, „Kassandra“, „Onkel Wanja“...
Platz 2: Schauspielhaus Graz
Seit Jahren macht Intendantin Anna Badora spannendes Theater, holt Stars ans Haus und baut ein gutes Ensemble auf. Theater sei gerade in der Krise unverzichtbar und für sie eine Sache des Herzens, so Badora. Deshalb bringt sie das Publikum zum Nachdenken („Hakoah Wien“) und Lachen („Frauen am Rande des Nervenzusammenbruchs“).
Platz 3: Schauspielhaus Wien
Na, der traut sich was. Schauspielhaus-Chef Andreas Beck zeigt von Saisonbeginn bis Jahresende ein Stück. Das dafür in vier Teilen: „Der seidene Schuh“ von Paul Claudel, eine Herzschmerz-Abenteuerstory zur Zeit des spanischen Königs Philipp II. Ein Spektakel mit 70 Rollen. Das Ergebnis: hinreißend. Das Ensemble: wie immer top.
Platz 1: TAG
Das Theater in der Gumpendorfer Straße ist die interessanteste Off-Bühne Wiens: Schräge, kluge, spannende, immer nahe am Publikum gebaute Produktionen (allen voran Gernot Plass’ Klassiker-Überschreibungen), und das fast ohne Geld.
Platz 2: Theater Nestroyhof Hamakom
Der Jugendstilsaal im zweiten Wiener Bezirk, 1938 von den Nazis geschlossen, dann ein Supermarktlager, ist ein Kleinod. Hausherr Frederic Lion setzt auf ambitionierte Produktionen, die mit der Geschichte des Orts zu tun haben. Etwa „Ich und Ich“ von Else Lasker-Schüler“ oder „Wir sind die neuen Juden“ mit Hubsi Kramar.
Platz 3: Theater zum Fürchten
Der Name ist nicht Programm. Denn Bruno Max macht sowohl im Stadttheater Mödling als auch in der Scala auf der Wieden (und im Sommer im Mödlinger Luftschutzbunker) Theater, das Freude macht. Nicht zu konventionell, nicht zu experimentell. In der Mitte liegt Max’ Glück. Derzeit mit der Satire „Der Selbstmörder“.
Info: Den zweiten Teil der Bestenliste lesen Sie an dieser Stelle am Freitag.
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