Ein Wiener an der Spitze der deutschen Charts
In den deutschen Hitparaden ist HipHop derzeit hoch im Kurs. Am 5. Juli erklomm das HipHop-Duo Genetikk mit dem Album "D.N.A." Platz eins, in den neuen Albumcharts wird Newcomer Shindy am 26. Juli mit dem Album "NWA" die Führung übernehmen - nach der Aufregung über die erste Single "Stress ohne Grund" mit Bushido ist das kein großes Wunder.
Doch zwischendrin schoss am 19. Juli ein Rapper aus Wien von 0 auf 1 in den deutschen Albumcharts. Vor RAF 3.0 ist dies keinem heimischen HipHop-Künstler im Nachbarland gelungen. In Österreich reichte es immerhin für Platz 3.
Unter seinem neuen futuristischen Namen RAF 3.0 kombiniert er auf dem neuen Album "Hoch 2" HipHop mit Elementen aus Reggae und Rock. RAF 3.0 (vormals Raf Camora) kann diesen Erfolg verbuchen, obwohl er vor Bekanntgabe seines Charteinstiegs noch missmutig über Facebook verlauten ließ, dass das Album bereits 40.000 Mal illegal heruntergeladen worden sei. Aber dies sei für ihn kein Grund für rechtliche Schritte, immerhin sei das "genauso behindert" wie ein gesetzeswidriger Download.
Doch wer steckt eigentlich hinter diesem Charterfolg?
Aus Raf Camora wurde RAF 3.0
Raphael Ragucci wurde als Sohn eines Vorarlbergers und einer Neapolitanerin in der französischsprachigen Schweiz geboren und verbrachte seine Kindheit in Wien Rudolfsheim-Fünfhaus. Bereits mit 14 Jahren startete er seine ersten Rapversuche in seiner Muttersprache Französisch und war danach eine Zeit lang als Ausreißer auf den Straßen Wiens unterwegs. Es folgten unterschiedliche Formationen wie mit Joshi Mizu, mit dem er Teil der Crew Family Bizz war. Ein Song dieser Truppe und Sandra Pires wurde 2003 sogar zum Lifeball-Song erkoren, gemeinsam mit Nazar, Chakuza und Kamp wurde ein von der SPÖ gesponsertes Video über Wien gedreht.
Doch letztlich entschloss sich der Wiener wie Chakuza nach Berlin zu ziehen. Eigentlich nicht überraschend, fehlt es in Österreich oft an Unterstützung und Förderung heimischer Musik, wie die Diskussion um den Musikfonds erst kürzlich gezeigt hat. Obwohl RAF 3.0 nun in der deutschen Bundeshauptstadt lebt, hat sich auch er dieser Problematik angenommen und sich für die Facebook-Initiative "ORF. Nicht wie wir." ablichten lassen. Aber auch über den deutschsprachigen Raum hinaus konnte der Rapper und Produzent bereits Fans generieren. Die US-amerikanische Basketballliga NBA hat einen seiner Songs als Soundtrack für einen Spot zum Finale als Hommage an Dirk Nowitzki verwendet.
"Hoch 2"
Auf seinem aktuellen Album präsentiert sich ein nachdenklicher RAF, der Themen wie Beziehungsdramen, Freundschaften und die Vergänglichkeit der Menschheit in seinen Texten aufarbeitet. Die meisten Beats stammen aus seiner eigenen sowie KD-Supiers Feder. Der Sound bewegt sich zwischen Dubstep und Reggae, die Songtexte balancieren auf dem schmalen Grat zwischen Ironie und Ernsthaftigkeit. Geschaffen wurde das Werk unter dem Leitsatz "Reduziert auf das Maximum", zu den Inspirationsquellen zählen Nirvana, Rage Against The Machine und Freundeskreis. Der ehemalige Musikwissenschaftsstudent will, dass man ihm zuhört, daher setzt der Rapper jetzt auch auf eine sanftere musikalische Gangart. Keine Spur mehr vom seinem Alter Ego Raf Camora, der noch zornig und mit tiefer Stimme auf Reggae-Beats reimte. Für diesen Wandel wurde auch ein eigenes Label aus dem Boden gestampft: Indipendenza heißt das Unternehmen, das frei von Einflüssen der Majors sein soll. Auch der alte Wegbegleiter und Rapkollege aus dem 15. Wiener Gemeindebezirk Joshi Mizu ist darauf vertreten.
Am 23. November wird Raf 3.0 sein aktuelles Album im Grazer PPC präsentieren, Tags darauf gibt es ein Heimspiel im Wiener Flex.
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