Florian David Fitz und Janina Uhse: „Bei Trigger-Sätzen ist man raus“
KURIER: Frau Uhse, Sie haben den gleichen Nachnamen wie eine berühmte Erotik-Unternehmerin. Mussten Sie sich viele Spitznamen anhören?
Janina Uhse: Absolut. Gerade, weil Beate Uhse ihr Bekanntheit dadurch erlangte, dass sie irgendetwas mit Sex zu tun hatte, war das natürlich damals, als ich auf die weiterführende Schule kam, immer ein großes Thema. Meine Mitschüler hielten es für einen Riesenlacher, wenn sie mich Beate Uhse oder Uhse-Buse nannten (seufzt). Ich bin froh, dass ich aus dem Alter heraus bin, wo die Leute solche Sprüche bringen. Aber ich muss auch feststellen, dass ich heute am Telefon – wenn mich Leute fragen, wie mein Nachname buchstabiert wird – sage: „Wie Beate Uhse.“ Und immer wieder ist es ein Lacher. Und nein, ich bin nicht mit ihr verwandt.
Hatten Sie einen Spitznamen Herr Fitz?
Florian David Fitz: Ich glaube es gibt Kosenamen und Spitznamen. Spitznamen stammen ja meist aus Kindertagen und haben auch immer, naja, eine Spitze. Ich hieß halt als Kind „Fitzi“, was ja jetzt nicht die kreativste Erfindung war.
Was hat Ihnen in der dritten Auflage Ihrer Figuren in „Der Spitzname“ gefallen? Fitz: Mich hat eher interessiert, um welches Thema es diesmal ging und in welchen „Dampfkochtopf“ man die Familie diesmal hineinwirft. Die Filmfamilie bekommt ja immer etwas, was in der Gesellschaft gerade so los ist, auf den Abendtisch gelegt. Ich fand es insgesamt spannend, wenn jemanden wie die Figur, die ich spiele und die sich so klar über altbackene Männlichkeitswerte definiert, in eine Situation gebracht wird, in der sie plötzlich an der Opferfront steht und sich das nicht eingestehen kann. Das fand ich lustig. (lacht)
Uhse: An meiner Figur der Anna hat mir gefallen, dass sie im dritten Teil mit echter Stärke zurückgekehrt ist. Es hat mir total Spaß gemacht, ihr diese Power und dieses Selbstbewusstsein zu verleihen. Ich freu mich für sie, dass sie endlich einmal so etwas wie Erfolg hat.
Die Familie freut sich mit Anna, gleichzeitig kommt aber auch so etwas wie Neidkultur zum Vorschein. Kennen Sie das aus eigener Erfahrung als Schauspielerin?
Uhse: Ich bin persönlich weit weg von Neid. Ich glaube stark daran, dass, wenn Menschen hart für etwas arbeiten und bei sich bleiben, genug für alle da ist. Jeder kann etwas vom Kuchen haben. Deswegen versuche ich persönlich immer, mich auf das Positive zu konzentrieren. Wenn mir von anderen Neid entgegen gebracht wird, schiebe ich das sofort von mir weg.
Herr Fitz, Sie spielen den erfolgreichen Karrieremann, dessen „Sparring Partner“ – gespielt von Christoph Maria Herbst – Ihr „Schwager“, der erfolglose Ex-Professor und Besserwisser ist. Lässt sich dort am meisten Humorpotential abschöpfen?
Fitz: Humor hat natürlich immer etwas mit Gegensätzlichkeit zu tun und damit, dass man der anderen Figur ihre Verlogenheit vorführt. Das funktioniert mit Christophs Figur sehr gut, weil er versucht, alle anderen immer vorzuführen. Und natürlich wird er dann von Thomas – meiner Figur – mit größtem Genuss vorgeführt. Aber in gewisser Weise ist es ihre Art von Liebesaustausch, den jeweils anderen fertig zu machen und die Hosen herunterzuziehen. (lacht)
Tatsächlich ist ja in einer jüngeren Generation weniger Karrierismus als vielmehr Work-Life-Balance angesagt.
Fitz: Ja, es wächst eine Generation nach, die ihr Verhältnis zum Beruf anders handhabt. Das fand ich an dem Film spannend, dass er eine neue Generation ins Spiel bringt, die ganz andere Werte vertritt. Man spürt ja mittlerweile auch innerhalb der Gesellschaft, wie die Generationen auseinanderfallen. Selbst die Mütter, die sonst immer alles verstanden haben, müssen manchmal zugeben: Wir kommen überhaupt nicht mehr mit, sorry. Aber vielleicht kommen da ja auch neue Werte nach, die gar nicht so schlecht sind. Grundsätzlich zu hinterfragen, ob es im eigenen Leben immer Wachstum geben muss, ist doch eine gute Sache. Und vielleicht kommt man auch zu dem Entschluss, dass man ein bisschen etwas von der Karriere opfern möchte, um dafür mehr Zeit zu haben. Keiner wird von uns auf dem Sterbebett liegen und sagen: Mein Gott, hätte ich doch nur mehr gearbeitet.
Der Humor von „Der Spitzname“ entsteht aus der Reibung zwischen einer „Boomer“-Generation und einer jungen, „woken“ Generation, die dann gerne mit ihren Anliegen wie etwa Gendern, Sexismus oder sprachliche Korrektheit aufs Korn genommen wird. Ganz nach dem Motto „Das wird man wohl noch sagen dürfen.“
Fitz: Das Blöde an unserer derzeitigen gesellschaftlichen Debatte ist: Selbst, wenn man einmal wirklich den Satz „Das wird man wohl noch sagen dürfen“ sagen möchte, geht das kaum, weil dieser Satz einfach schon so radioaktiv verseucht ist (lacht). Sobald man bestimmte Trigger-Sätze sagt, ist man raus, anstatt um Themen zu ringen, die ja offenbar keine einfache Lösung haben. Ich rede jetzt von der großen Mitte, die noch eine Übereinkunft über die grundsätzlichen humanistischen Werte hat. Die Dinge müssen verhandelt werden.
Uhse: Ich finde es schön, dass „Der Spitzname“, wie auch schon die beiden vorhergehenden Teile, sehr politisch ist. Das ist eine traurige Feststellung, aber in meinem Umfeld wird mittlerweile gar nichts mehr gesagt, weil die Leute Angst haben, etwas Falsches zu sagen. Das, finde ich, ist der Anfang vom Ende. Gerade deswegen ist ein Film wie „Der Spitzname“ so wichtig, weil er Konflikte thematisiert – und zwar nicht mit dem erhobenen Zeigefinger. Er zeigt auf, dass es uns alles so geht und wir über Dinge sprechen müssen, egal, aus welcher Bildungsschicht wir kommen.
Ist nun nach „Der Vorname“, „Der Nachname“ und „Der Spitzname“ eine Trilogie beendet oder können wir mit einer weiteren Folge, etwa unter dem Titel „Der DecKname“ oder „Der Doppelname“ rechnen?
Fitz: Ich habe das Gefühl, drei Filme sind eine runde Sache, und ich glaube, dieses Gefühl haben gerade alle.
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