Der Schakal - Von Frederick Forsyth

Ein Katz-und-Maus-Spiel, das seinen Namen wahrlich verdient, eine unaufhaltsam mitreißende Welle bis hin zum finalen Schuss.

Jedes Genre hat seine Sternstunden. Beim Thriller denkt man an Ian Flemings Bond-Romane aus den Fünfzigerjahren, an Alfred Hitchcock von 1960 oder an die Romane von Patricia Highsmith. Ein ganz besonderer Stern flackerte 1971 hell auf: Frederick Forsyth veröffentlichte "Der Schakal" - einer der erfolgreichsten Thriller überhaupt. Der britische Autor inszenierte in diesem Buch eine doppelte Jagd: Die Pirsch des Auftragsmörders mit dem Decknamen Schakal, dessen Beute kein anderer ist als der französische Präsident Charles de Gaulle. Und gleichzeitig die Hetzjagd der internationalen Gesetzeshüter auf eben diesen Killer.

Ein Katz-und-Maus-Spiel, das seinen Namen wahrlich verdient, eine unaufhaltsam mitreißende Welle bis hin zum finalen Schuss. Man kann nur staunen, wie es der Autor schafft, den Spannungsbogen zu halten - obwohl von Anfang an klar ist: De Gaulle wird überleben. Trotzdem folgt man dem Parforceritt mit angehaltenem Atem und atmet seltsamerweise auch auf, wenn der Schakal der Polizei abermals nur um Stunden oder Minuten entwischt. Forsyth beginnt seinen Roman mit der akribisch nachgestellten Beschreibung des spektakulären Attentats auf Präsident de Gaulle von 1962. Durch diesen Kunstgriff verschmilzt er Realität und Fiktion: Die Geschichte beginnt wahr, also könnte sie ja auch wahr weitergehen. Verstärkt wird dieser Eindruck durch Forsyths neutrale Sprache, die dem Schakal ebenso (notgedrungen) Bewunderung für seine Kenntnis und Raffinesse zubilligt wie seinen Gegenspielern von der Polizei. Obwohl der gesamte internationale Apparat eingeschaltet wird, ist es letztlich nur ein Mann, der den Killer aufhalten wird: der unscheinbare, von seiner Gattin umnörgelte Kommissar Lebel.

Die Rezeptionsgewohnheiten haben sich zugunsten aktionsreicherer Handlungsabläufe verändert. Deshalb werden jüngere Leserinnen und Leser nicht immer mit der manchmal weitschweifigen Handlung zurechtkommen. Allzu akribisch erscheinen heute etliche Beschreibungen. Es könnte sich etwas Ungeduld bemerkbar machen - zu sehr sind wir an Action und schnelle Schnitte im Kino gewöhnt. Auch die beiden Hauptcharaktere Lebel und der Schakal werden eher schwach charakterisiert. Der Killer etwa tut seinen Job, weil er "die geschmeidigen, braungebrannten Mädchen" am Strand sieht, all "die Cadillacs und Jaguars, gesteuert von sonnengebräunten, ständig nach attraktiver Weiblichkeit Ausschau haltenden jungen Herren". So will der Schakal leben - und mehr nicht.
Wer sich aber auf Forsyths "Schakal" einlässt, erhält zugleich einen nostalgischen Blick zurück auf die Welt der 1960er-Jahre, als Polizisten auf dem Motorrad durch Paris brausten, alle Akten mühsam per Hand durchsucht werden mussten und man Telefongespräche auf Magnetbändern aufzeichnete.

Frederick Forsyth weiß, wovon er schreibt: Von 1956 bis 1958 war er der jüngste Pilot bei der Royal Air Force, arbeitete in den Sechzigern als Reporter - unter anderem für Reuters in Paris, wo er auch Kontakt zu Charles de Gaulles Gefolgschaft fand. Später wurde er von der BBC nach Afrika geschickt, um Fernsehberichte aus Kriegsgebieten zu liefern. Kurz danach startete er als 33-Jähriger seine literarische Laufbahn.
Im August 2008 feierte Frederick Forsyth seinen siebzigsten Geburtstag - und schreibt weiter: Ende 2010 erschien sein nunmehr 16. Roman mit dem Titel "Cobra". Natürlich wieder ein Thriller.

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