"Der Riese vom Steinfeld" im Volkstheater

"Der Riese vom Steinfeld" im Volkstheater
Kritik: Die Erstaufführung von Peter Turrinis "Der Riese vom Steinfeld" bringt dem Volkstheater einen schönen Erfolg.

Das Burgtheater eröffnete seine Spielzeit mit der schieren Übermacht an Stars: Wenn in "Prinz von Homburg" selbst kleine Rollen von Elisabeth Orth oder Udo Samel veredelt werden, ist das für die schauspielerverrückten Wiener ein Fest. Also gab es in der Burg, trotz einer eher zähen Inszenierung, den ganz großen Jubel für August Diehl, Peter Simonischek, Andrea Clausen ...
Bei allem Respekt vor dem Volkstheater-Ensemble, aber über diese Wucht an darstellerischem Luxus verfügt das Haus nicht. Also muss Direktor Michael Schottenberg zum Saisonauftakt etwas anderes bieten. Etwa eine Turrini-Erstaufführung. Das Ergebnis ist ein schöner, poetischer, kluger und kurzweiliger Theaterabend, der den Aufwärtstrend des Hauses bestätigt.

Peter Turrini hat aus seinem Libretto für die gleichnamige Cerha-Oper jetzt ein Theaterstück gemacht: "Der Riese von Steinfeld"  ist inspiriert von der Geschichte des Oberösterreichers Franz Winkelmeier (1860–1887), der mit seinen 2,58 Metern als "größter Mann der Welt" vermarktet wurde. Turrini erzählt die Geschichte eines übergroßen Kindes, das seine Mutter und seine kleinwüchsige Geliebte verlässt, um den Gemeinheiten seiner Mitmenschen zu entgehen. In der Hoffnung, nach Amerika zu kommen, lässt  sich  der Riese von seinem Impresario ausnützen, durch halb Europa hetzen und überall begaffen. Als ihm klar wird, dass man ihn betrügt, kehrt er heim und stirbt an Erschöpfung.

 

Lustig

Turrinis Text funktioniert sehr gut. Manchmal ist er enorm lustig, etwa, wenn er den preußischen Militarismus verspottet. Manchmal sehr traurig, wenn der Rabbi von Prag in die Zukunft blicken darf und dort keine Juden mehr sieht. Und natürlich gibt es Derbheiten, zum Beispiel eine Szene, in der Königin Viktoria und ein WC die Hauptrolle spielen. Hinreißend ist das Bild zum Schluss: Des Riesen Beine ragen aus dem Sarg, bis Tischler und Totengräber zum Fuchsschwanz greifen. Regisseurin Stephanie Mohr erzählt das als Aufführung einer Schausteller-Truppe – und das klappt großartig. Mit kleinen Mitteln werden Rollenwechsel durchgeführt und ganze Welten entworfen. Sehr zart und poetisch geht Mohr mit den heiklen Szenen um, in denen es um die Sexualität des Riesen geht. Großartig ist der Musiker Kyrre Kvam, der die Lieder komponierte und ständig auf der Bühne das Geschehen mit den Mitteln der Musik vorantreibt. Roman Schmelzer (Riese), Christine Urspruch (seine Geliebte) und Claudia Sabitzer spielen wunderbar, das Ensemble schlägt sich wacker. Großer Applaus.

KURIER-Wertung: **** von *****

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