Der Nachfolger von Hannibal Lecter spült seine Opfer hinunter

Der Nachfolger von Hannibal Lecter spült seine Opfer hinunter
Thomas Harris und der Roman "Cari Mora": Geht es ohne den Kannibalen? Hans-Peter ist vor allem ein perverser „Pimmel mit Brille“.

Gleich neben dem Palast des Pornokönigs, der – vielleicht hat ihn ja jemand gesehen – den Film „Um die Welt in 80 Stellungen“ produziert hat, steht ein Haus, das einst Pablo Escobar gehörte.
(Das ist nicht wahr.)
Der Drogenhändler und Terrorist, Oberhaupt des kolumbianischen Medellin-Kartells, gehörte zu den Reichsten der Welt. Um 63 Millionen Dollar kaufte er eine Ranch. Dort fanden auch Hinrichtungen statt, z.B. wurde der Architekt hingerichtet. Er hatte nämlich einen Fehler zu verantworten. (Das ist wahr. Aber ab sofort begeben wir uns ganz in den Roman.)
Bevor  „Don Pablo“ 1993 starb, soll er Gold in diesem Haus in Miami Beach versteckt haben.
Das Haus steht seither leer. Es wird für Filmaufnahmen vermietet. Eine Hausmeisterin achtet darauf, dass es in Schuss bleibt.

Weltweit

Auftritt von Hans-Peter Schneider.
Wer ihn nicht mag, und niemand mag ihn, sagt, er sehe aus wie ein Pimmel mit Brille. Er hat keine Haare, auch keine Augenbrauen, keine Wimpern.
Hans-Peter Schneider handelt mit Frauen. Verkauft sie. Oder zumindest ihre Nieren.
Er ist Nachfolger von Dr. Hannibal Lecter, dem charismatischen Monster, das US-Schriftsteller Thomas Harris erfunden hat.
Harris hat wieder einen Thriller geschrieben. Seinen ersten seit 13 Jahren. Den ersten ohne Hannibal Lecter seit 43 Jahren. Weltweit erscheint er am 20 Mai. Nahezu weltweit, England preschte um eine Woche vor.
Thomas Harris ist 79. Er hat, „Cari Mora“ eingerechnet, sechs Romane geschrieben. Hollywood liebt ihn. Alle wurden verfilmt.
Als sein Kannibale  im Film das Gesicht des Schauspielers Anthony Hopkins bekam und ihn die FBI-Agentin, Jodie Foster, um Hilfe bat, gab es fünf Oscars („Das Schweigen der Lämmer“ 1991, Foto oben).
Harris schreibt filmgerecht. Vielleicht sollte man auf die Verfilmung von „Cari Mora“ warten.
Das sieht auf der Leinwand bestimmt super aus: Unter der Terrasse über dem Meer ist der Schatz.  Wer nach ihm taucht, kommt ohne Beine wieder nach oben. Warum – das verrät nur, wer den Thriller killen will.
Der neue „Held“ kocht sich zwar keinen Eintopf aus der  Bauchspeicheldrüse seiner Opfer.
Aber Hans-Peter Schneider hat einen teuren „Schnellkochtopf“ (Resomation), in dem Leichen binnen Stunden flüssig werden.

Kein Interview

Er schaut gern zu, wenn sich Frauen, die ihn enttäuscht haben, langsam auflösen. Dann spült er sie hinunter.
Er findet auch Gefallen daran, Gliedmaßen zu amputieren. Er ist halt pervers. Brutal. Ein ausgeprägtes Profil hat er von seinem Schöpfer nicht bekommen.
Wer sind seine Gegner? Goldsucher aus dem Escobar-Kreis. Vor allem aber – die Hausmeisterin.
Sie sieht auf der Leinwand bestimmt sehr super aus: 25 ist Cari Mora, eine kolumbianische Schönheit mit Narben, die sich über ihre Arme schlängeln. Sie ist eine besondere Hausmeisterin. Eigentlich möchte sie sich ja lieber um verletzte Seevögeln kümmern. Mit dem Gewehr kann sie aber gut umgehen.
Nach einem fulminanten Beginn und großer Vorfreude rinnt der Roman schnell aus. Schockierendes ist kein wichtiger Bestandteil, sondern wird nur als Drüberstreuer eingesetzt. Hat Thomas HarrisCari Mora“  schon während der Arbeit satt gehabt? Er ist keiner, der das Schreiben zum Leben braucht.
Man kann  ihn nicht fragen, denn seit Jahrzehnten gibt der Amerikaner keine Interviews. Angeblich deshalb, weil Journalisten wissen wollten, ob er selbst  ein bisschen psychopathisch ist.

 

Thomas Harris: „Cari Mora
Übersetzt von
Imke Walsh-Araya.
Heyne Verlag.
336 Seiten.
22,70 Euro.

KURIER-Wertung; *** und ein halber Satz

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