"Der große Diktator" in den Kammerspielen: Lachen über Hitler

"Der große Diktator" in den Kammerspielen: Lachen über Hitler
Kritik: Die unfassbare Lächerlichkeit des Fürchterlichen.

Darf man über Hitler lachen? Vor allem in unserer Zeit, in der es immer mehr Bestrebungen gibt, das Lachen an sich abzuschaffen und durch eine dauerbetroffene Miene zu ersetzen?

Eine persönliche, subjektive Antwort sei gestattet: Man darf nicht, man muss. Hitler als die fürchterlich lächerliche Figur zu enttarnen, die er – auch – war, ist eine der stärksten Waffen gegen all jene, die heute versuchen, mit Hitlers Mitteln die Menschheit erneut zu vergiften. Lachen setzt einen Akt der Erkenntnis voraus – Lachen, nicht höhnisches Lachen, sondern erkennendes, mitfühlendes Lachen –, immunisiert gegen Dummheit.

Niemand hat die Lächerlichkeit Hitlers hellsichtiger und gleichzeitig sensibler bloßgestellt als Charlie Chaplin. Sein Film „Der große Diktator“ von 1940 gilt nicht ohne Grund als einer der besten Streifen aller Zeiten.

Stummfilm mit Text

Das Theater in der Josefstadt hat in den Wiener Kammerspielen den gewagten, aber höchst ehrenwerten Versuch unternommen, diesen Film als Dramatisierung auf die Bühne zu bringen. Fazit: Der Versuch gelingt. Und zwar deshalb, weil Regisseur Dominic Oley eine wunderbare, sehr zarte, stummfilmartige Fassung erarbeitet hat. Weil Alexander Pschill in der Doppelrolle als faschistischer Diktator Hynkel und als jüdischer Barbier nicht nur großartig spielt, sondern nebenbei eine wundervolle Hommage an Chaplin und die großen Tage des Kinos abliefert. Und weil das Ensemble ganz hervorragend arbeitet.

Die Handlung ist so aberwitzig und packend, wie es nur bei Chaplin möglich ist: Der faschistische Führer Anton Hynkel und der jüdische Friseur sehen einander bis aufs Barthaar ähnlich. Als Hynkel sein Nachbarland überfallen will, kommt es tatsächlich zur Verwechslung. Der  Barbier übernimmt die Macht – und appelliert in einer Rede an die Welt an Menschlichkeit und Friedfertigkeit.

Utopie

Oley – der auch als Einspringer für den erkrankten Matthias Franz Stein glänzt –  inszeniert ganz im Stil Chaplins und bietet viel mehr als nur eine Hitler-Satire: Hier geht es um die Utopie einer Welt, in der die Menschen freundlich miteinander umgehen.

Pschill ist fantastisch, vor allem in den Szenen, in  denen sich Hynkels Wutreden in  sinnentleertem Gebrabbel auflösen. Daniela Golpashin ist als Hannah berührend und zart. Martin Niedermair  ist ein gefährlicher Doktor Garbitsch (= Goebbels), Oliver Huether ein feister Feldmarschall Herring (= Goering).

Am Ende steht ein großer Satz: „Lasst uns kämpfen für eine Welt, in der die Vernunft siegt.“

Großer Jubel.

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