Denn Böck wählte die sozialkritische Bearbeitung von Peter Turrini: Der Diener ist ein nicht nur vom Hunger getriebener Kriegsheimkehrer und Verlierer. Spatzek hingegen bleibt nah am Original: Es gibt Commedia dell’Arte mit Ledermasken und historisch angehauchten Kostümen. Seine eher bemühte Inszenierung kann als konservativer Gegenentwurf zur Stockerauer Fassung interpretiert werden, die sein Vorgänger Zeno Stanek vor erst acht Jahren mit Karl Ferdinand Kratzl erarbeitet hat.
Vielleicht wollte er auch nur dem Umstand Rechnung tragen, dass die Spiele ihr 60-Jahr-Jubiläum feiern: Dieser „Diener zweier Herren“ knüpft von der Ästhetik her nahtlos an die Anfangsjahre an.
Der Platz vor der barocken Kirche mit der prächtigen Treppe bleibt, niedlich zum Potemkinschen Dorf ergänzt, das Atout. Manfred Waba fügte heuer noch venezianischen Flair hinzu: mit Gondel, Brücke, Campanile und Oleander. Auf der Drehbühne steht ein reizvolles Konglomerat aus Palazzo, Locanda und Ristorante. Die aus Turin angereiste Beatrice tut dennoch so, als befände sie sich im deutschsprachigen Ausland: Nadja Maleh spricht penetrant mit italienischem Akzent. Das ist völlig unlogisch, aber die Paradedisziplin der Kabarettistin. Beatrices nach Venedig geflüchteter Freund Florindo (Peter Edelmann) macht es ihr gleich.
Frauen an die Macht
Christoph Fälbl hingegen ist als Truffaldino ein derber Wiener Hanswurst, aber textsicherer als Bernd Spitzer, der den Pantalone als Greis anlegt. Michelle Härle imponiert als emanzipatorische Smeraldina: Noch säßen die Männer an den Hebeln der Macht, aber das werde sich ändern, in Niederösterreich habe sich das schon geändert.
Premiere war am Donnerstagabend. Und hätten die ÖVP-Politikerinnen den Beginn nicht um eine halbe Stunde verzögert (etwa mit Stoßgebeten, dass Toni Faber den Wettergott milde stimmen möge), wäre das Finale ohne Regen über die Bühne gegangen.
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