"Das ist das Ende": Hollywood in der Hölle

Vor der Tür die Apokalypse: James Franco, Jonah Hill, Graig Robinson, Seth Gorden, Jay Baruchel und Danny McBride testen ihre Freundschaft.
Das Jüngste Gericht als schräge Buben-Komödie in der Villa James Francos.

Zwei Flaschen Wodka, 15 Pillen Ecstasy und ein Riegel Milky Way als eiserne Ration. Draußen tobt die Apokalypse. Drinnen hofft man, dass sie bald wieder aufhört.

Drinnen – das ist die Designer-Villa von Hollywood-Star James Franco, der sich selbst spielt. Eingeschlossen hockt er in seinem Traumhaus, gemeinsam mit fünf Freunden, die sich auch alle selbst spielen.

Wie der begnadete „Über-Nerd“ Seth Rogen. Rogen – aus Komödien wie Judd Apatows „Beim ersten Mal“ bekannt – besetzt nicht nur eine der Hauptrollen in „Das ist das Ende“. Er schrieb auch gemeinsam mit Langzeit-Kollaborateur Evan Goldberg das Drehbuch, führte Regie und nutzte die Gelegenheit, alle seine Komiker-Freunde vor der Kamera zu versammeln.

Von Jonah Hill bis Jay Baruchel findet sich die gesamte Schulklasse aus der Apatow-Komödienschmiede wieder – und hat ganz offensichtlich eine Menge Spaß.

Alle spielen – oder besser: übertreiben sich selbst und ihre Star-Persona. James Franco etwa suhlt sich in seinem Image als versnobter Kunstauskenner. Gönnerhaft schmeißt er eine große Housewarming-Party und lädt dazu halb Hollywood ein – von Rihanna (die sich natürlich auch selbst spielt) bis hin zu Emma Watson. Doch gerade, als alle richtig herrlich bekifft sind, bricht das Jüngste Gericht mit absichtsvoll schlechten Lowtech-Spezialeffekten über Los Angeles herein.

Gehörnte Bibel-Tiere mit Riesen-Penissen zerstampfen Luxusvillen. Gute Menschen werden mit einem blauen Strahl in den Himmel gesaugt. Schlechte Menschen bleiben übrig.

Also alle – von James Franco bis Seth Rogen.

Nahe am Jugendverbot

Was folgt, ist eine gezielt schräge Bad-Boy-Komödie von erlesener Geschmacklosigkeit hart an der Grenze zum Jugendverbot. Franco beschwert sich endlos darüber, dass einer seiner Gäste die gesamte Villa mit Sperma verklebt. Die Auseinandersetzung gipfelt in einem verbalen Wettstreit im Sperma-Weitschießen. Alle schmeißen bunte Pillen ein und tanzen „Gangnam Style“. In Jonah Hills dicken Leib fährt der Beelzebub ein. Hills Hassfreund Jay bemüht sich, diesen wieder auszutreiben und rezitiert dazu Formeln aus dem „Exorzisten“. Irgendwann gehen die Trinkvorräte aus und nur das eigene Urin bleibt übrig.

Man sieht schon: Rogen und seine Freunde pushen die Grenzen der Boxoffice-bewährten, anarchischen Komödie, in der junge Männer sich aufführen dürfen wie schlimme Buben. Aber wer weiß: „Das ist das Ende“ heißt vielleicht auch, dass sie bald erwachsen werden müssen.

Übrigens: Gute Englischkenntnisse sind von Vorteil. Die deutsche Synchronisation ist krass böse und nicht voll der Hammer, Mann.

Info: "Das ist das Ende". 107 Min. Von Seth Rogen, Evan Goldberg. Mit James Franco, Jonah Hill, S. Rogen.

KURIER-Wertung:

Schlimmer kann es für Eltern kaum kommen: Zwei kleine Mädchen werden entführt, während der Rest der Familie arglos Thanksgiving feiert. Wo gerade noch Normalität herrschte, zieht unfassbarer Schmerz ein. Ein Grauschleier legt sich über die trostlose Novemberlandschaft.

Hugh Jackman als gramgebeutelter Familienvater fühlt sich für das Verschwinden verantwortlich. Er misstraut den Fähigkeiten des investigierenden Polizisten (der hervorragende Jake Gyllenhaal ) und macht sich selbst auf die Suche nach den Kindern. Dass er dabei das Gesetz übertreten muss, hält ihn nicht von seinem privaten, überaus gewalttätigen Rachefeldzug ab.

Der franko-kanadische Regisseur Denis Villeneuve erzählt seinen melancholischen Thriller als präzise Milieustudie einer christlich-konservativen Kleinstadt. Regen, Schnee und Kälte definieren stimmungsschwer die blau-kalten Bilder, die der hervorragende Kameramann Roger Deakins dazu liefert. Konstant changierende Perspektivenwechsel machen „Prisoners“ zu einem anspruchsvollen Glanzstück des Erzählkinos, wie man es in Hollywood immer seltener findet.

Gerade Hugh Jackman verwandelt dabei mit großem Können die Figur seines Schmerzensmannes zunehmend in die eines Folterknechts. Der Umgang mit der Gewalt und wie er die Grenzen zwischen Opfer und Täter verschwimmen lässt, bleibt ein brennendes Thema der Gegenwart (nicht nur) in den USA.

Info: "Prisoners". 153 Min. Von Denis Villeneuve. Mit Hugh Jackman, J. Gyllenhaal, Paul Dano, Mario Bello.

KURIER-Wertung:

Mit seiner Animations-Doku „Waltz with Bashir“ landete der israelische Regisseur Ari Folman nicht nur eine Oscarnominierung; ihm gelang damit auch ein herausragendes Stück Gedächtnisarbeit israelischer Kriegsveteranen. Mit „Der Kongress“ kann Folman bei weitem nicht an die Versiertheit seiner Vorgängerarbeit anschließen. Auch wenn sich im Herzen seines Animations- und Realfilm-Mix’ eine futuristische Parabel von Stanislav Lem verbirgt.

„Schlechte Entscheidungen und schlechte Männer“ waren es, die die Karriere der US-Schauspielerin Robin Wright ruinierten. Zumindest in den Augen ihres Agenten (Harvey Keitel) und ihres Studiobosses (Danny Houston). Zum Trost bietet man ihr einen Ganzkörper-Scan an: Wenn sie ihr Bild an Hollywood verkauft, bleibt sie für immer jung und muss selbst nie mehr spielen. Das Bild von Robin Wright erlebt also eine Karriere unabhängig von der echten Robin Wright. Ab da wird’s anstrengend: die echte Wright verwandelt sich in eine Cartoon-Figur und taucht in eine „animierte Zone“ ein. Hollywood-Kritik als bunter Comic-Strip.

Info: "Der Kongress". 122 Min. Von Ari Folman. Mit Robin Wright, Harvey Keitel, Jon Hamm, Danny Houston.

KURIER-Wertung:

"Alphabet": Beinahe alle Kinder kommen hochbegabt auf die Welt – und enden bestenfalls im Durchschnitt. Dank unseres Schulsystems, das jegliche Kreativität zerstört. Diese These verfolgt Erich Wagenhofer („Let’s Make Money“) in seiner neuen Doku „Alphabet“ quer durch die Weltgeschichte. Am ärgsten treiben es ihm zufolge die Chinesen, die bereits ihre Kleinkinder in Lernfabriken stecken. Aber auch hierzulande liegt vieles im Argen – und PISA und seine Messmethoden zählen auch dazu.

"Spieltrieb": Eine Teenagerin gerät in den Bann eines Mitschülers, der an die manipulative Theorie des Spieltriebs im Umgang mit Menschen glaubt.

"Sein letztes Rennen": Wohlfühlfilm mit Didi Hallervorden, der ins Altersheim eincheckt und dort für den Marathon trainiert.

"Omsch": Liebevolle Doku über seine hundertjährige Nachbarin von Edgar Honetschläger.

"Feu – Crazy Horse Paris (3-D)": Nummern-Revue aus dem berühmten Pariser „Crazy Horse“ in 3-D.

Kommentare