Das Hobby heißt Hobbits

(L-r) The trolls: William, Tom and Bert (performed by PETER HAMBLETON, MARK HADLOW and WILLIAM KIRCHER respectively) in the fantasy adventure ?THE HOBBIT: AN UNEXPECTED JOURNEY,? a production of New Line Cinema and Metro-Goldwyn-Mayer Pictures (MGM), released by Warner Bros. Pictures and MGM.
Filmstarts: Peter Jacksons „Der Hobbit“ irritiert mit der neuen 48-Bilder-Technik + "Museum Hours" + "Endlich Weltuntergang" + "Omamamia".

Gleich zu Beginn klappt der Hauptdarsteller jemandem die Schädeldecke auf, und das Gehirn tritt aus. Unangenehme Sache. Doch der Mann weiß sich zu helfen: Er stopft sich das Gehirn in den Kopf zurück, schnappt einen Gürtel und bindet alles wieder zusammen. Das Bemerkenswerte an dieser Szene: Sie erinnert nicht an Tolkien, und ist auch nicht Tolkien. Es handelt sich nämlich um den Film „Bad Taste“. Noch bemerkenswerter: Derek, der Mann mit dem Gehirn, ist Peter Jackson selbst, Star-Regisseur von „Herr der Ringe“ und jetzt „Hobbit“.

Lange, bevor der Neuseeländer Jackson familienkompatibles Hollywood-Kino fabrizierte, spezialisierte er sich auf Horror-Movies mit Titeln wie „Bad Taste“ und „Brain Dead“. Horror-Spezialisten und Fans von Jacksons Frühwerk (wie etwa auch der großartige Mysterythriller „Heavenly Creature“) fühlen sich von Jacksons Ankunft im kommerziellen Mainstream also einigermaßen verraten. Mit „Herr der Ringe“ war das noch einigermaßen vertretbar, schaffte diese Trilogie doch immerhin das Unschaffbare: eine 1100-Seiten-Schwarte auf drei Filme einzudampfen und dabei zu intensivieren. Beim Prequel dazu, „Der Hobbit“, verhält es sich allerdings genau umgekehrt: 60 Seiten (von insgesamt 300) werden aufgeblasen auf einen Dreistunden-Filmschmöker wie ein kleiner Frosch.

Der verwandelt sich dann leider nicht in den Prinzen, sondern platzt vor lauter heißer Luft. Dabei werden hier nur die ersten sechs Kapitel (!) des Tolkien-Buches ungekürzt wiedergekäut: ja, man kann sagen, kein Beistrich wurde vergessen. Denn auch hier hat Jackson eine Trilogie geplant. Im vorliegenden ersten Teil hilft Hobbit Bilbo Beutlin (Martin Freeman) den Zwergen, ihren Goldschatz zurückzuerobern, der ihnen einst vom Drachen Smaug geraubt worden ist. Der eher hausbackene Hobbit ist dazu deshalb prädestiniert, weil ihn der Drache nicht riechen kann. Überhaupt geht es anfangs in Wald und Welt der Wichtel und Wilden recht infantil zu. Wären da nicht die tollen teuren Spezialeffekte, Spezialohren und Spezialbärte im neuesten 3-D-Verfahren. Wären da nicht martialische Schlachtentableaus, epische Dialoge und ja, geköpfte Köpfe. Es wäre pures Kinderkino.

13 Zwerge (plus Gandalf und Hobbit) gegen Trolle, Orks und anderes Fantasy-Gelichter (Jackson Liebe zur Horror-Figuren, zumindest hier ist sie zu spüren). Ansonsten ist alles wie schon bei der „Herr der Ringe“-Trilogie: eine Riesenportion Faschiertes aus Keltentum und Mittelalter, Heldensagen und Märchen. „Der Hobbit“ ist also hauptsächlich für jene Fans, deren Hobby die Hobbits sind (oder auch Meister Tolkien) – allen anderen rinnt dabei nach einiger Zeit doch dann mal das Hirn aus.

48 Bilder

Das Gewöhnungsbedürftigste am Film ist aber das neue Highframe-Verfahren. Da werden 48 Bilder in der Sekunde verwendet statt wie im Kino üblich 24. Die Technik scheint ein größerer Umbruch im Film zu werden als der Schritt zu 3-D. Die Verdopplung der Bild­information führt zu einer glatten und fernsehhaften Filmästhetik: Unschärfen und Filmkorn fehlen. Wenn es regnet, sieht man die Wasserfäden so präzise, als stünde man zu Hause unter der Dusche – wie in einem viel zu luxuriösen Homevideo.

KURIER-Wertung: *** von *****

Fantasy. „Der Hobbit – Eine unerwartete Reise“: USA 2012. 166 Minuten. Von Peter Jackson; mit Martin Freeman, Ian McKellen.

Selten hat man einen so grauen Film gesehen oder einen so nebligen. Kein Wunder, er spielt in Wien. US-Künstler Jem Cohen hat Österreichs Hauptstadt besucht (hauptsächlich: das Kunsthistorische Museum) und einen Film darüber gemacht. Es ist ein Kunst-Tourismusfilm: mit wenig Spielhandlung (die selten funktioniert, weil viel zu aufgesetzt) und vielen dokumentarischen Wien-Ansichten und Museumsbildern (was weitaus ergiebiger ist).

Mit Johann, einem Aufseher aus dem Kunsthistorischen Museum (charismatisch: Bobby Sommer, langjähriger Viennale-Mitarbeiter), befreundet sich die Amerikanerin Anne, die fortan mit ihm durch Wien spaziert. Es ist der sich auflösende Flohmarkt am Naschmarkt, dessen Fülle an Brueghel-Bilder erinnern. Es sind die monochromen Gräser der Steinhofgründe, das Rinnsal des zubetonierten Wienflusses, eine übermütige Party im Serbenlokal MMM-Espresso, die Cohen sucht und in Malerei und Skulpturen im Museum widerhallen sieht. Dort betört dieser stille Essayfilm: Wo sich Kunst & Wirklichkeit, Museumsbilder & Stadtalltag, Historie & Gegenwart verbünden und von Geld, Sex und Klosuche erzählen.

KURIER-Wertung: **** von *****
 

Dokudrama „Museum Hours“: USA/Ö 2012. 107 Minuten. Von Jem Cohen; mit Mary Margaret O’Hara, Bobby Sommer, Ela Piplits.

Die österreichische Regisseurin Barbara Gräftner hat eine beeindruckend einzigartige Karriere im Austrokino: Sie debütierte preisgekrönt mit einem klassischen Autorenfilm ( „Mein Russland“), inszenierte dann kommerziell „Mundl 2“ und dachte laut über einen Lugner-Film nach. Zuletzt brachte sie mit „Friday Night Horror“ einen schnell produzierten Trash-Genre-Film mit ATV-Soap-Stars heraus. Wenige Wochen später reicht sie nun den Weltuntergang als billige Fake-Doku nach: Darin spielen hochrangige Aktricen wie Marie Christine Friedrich eine TV-Reporterin, die Schutzsuchende vor dem bevorstehenden Weltuntergang begleitet (darunter auch Daniela Golpashin). Alle spielen beherzt das, was nach Doku ausschauen soll und es doch nicht wirklich tut. Richtige Idee, guter trashiger Ansatz – inszenatorisch nicht ganz gelungen.

KURIER-Wertung: *** von *****
 

Marianne Sägebrecht als unkonventionelle Oma, die von Kanada nach Rom abhaut, um einmal den Papst sehen zu können. Keine Kino-Sternstunde, aber ein Vergnügen für Fans der schrulligen Bayerin.

KURIER-Wertung: *** von *****

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