Das Bildarchiv des Erzherzogs

Thomas Ender malte 1832 den „Großglockner mit der Pasterze“. Heute ist dieser Gletscher kaum noch wahrnehmbar
"Von der Schönheit der Natur" – Erzherzog Johanns Kammermaler.

Schön und technisch brillant sind sie zweifellos, die Aquarelle des Thomas Ender. Albertina-Direktor Klaus Albrecht Schröder sieht sie gar auf einer Höhe mit jenen seines Zeitgenossen Turner.

"Von der Schönheit der Natur" heißt die Ausstellung, in der die Albertina nun Bilder der Kammermaler des Erzherzogs Johann präsentiert. Doch die Schönheit ist vielleicht nicht das Interessanteste an diesen Bilddokumenten. Aus heutiger Sicht sind die Gletscherbilder, die Ender im Auftrag des steirischen Erzherzogs zwischen 1829 und 1847 malte, Zeitzeugen, die die großen alpinen Umwälzungen der vergangenen 200 Jahre beeindruckend belegen. Begleitend zur Ausstellung hat Glaziologe Gernot Patzelt im vergangenen Herbst Fotos jener Orte gemacht, die Ender malte, und diese im Katalog zur Ausstellung veröffentlicht: Pasterze und Hoher Sattel am Großglockner, Schwarzenstein-Gletscher, Fernauer Gletscher: Das ewige Eis ist kaum noch wahrnehmbar.

Der Schwund der einst gigantischen Gletscher war Mitte des 19. Jahrhunderts zwar noch nicht vorauszusehen, doch ist die Dokumentation dieser Naturvorgänge wohl genau das, was der steirische Prinz mit den Aufträgen an seine Kammermaler im Sinne hatte: dokumentieren, forschen, reformieren. Er erwartete von seinen Malern bildhafte Unterstützung seiner statistischen Arbeit. Künstler wie Jakob Gauermann, Matthäus Loder oder Thomas Ender fertigten in seinem Auftrag Darstellungen der alpenländischen Regionen an. Neben diesen Ikonen der Alpen malten sie Trachten, Bauern- und Jagdszenen, aber auch frühe Industrieanlagen. 150 Aquarelle aus der 1400 Werke umfassenden Sammlung zeigt die Albertina nun, fast alle aus Privatbesitz der Nachkommen des Erzherzogs. Dazu Skizzen und Modelle landwirtschaftlicher Geräte, die den reportagehaften Charakter dieses präzisen Österreich-Archivs des Erzherzogs betonen.

Fatalitäten

Sind es zunächst Alltags-Chroniken von "Jägerfatalitäten" bis zu Schilderungen von Begebenheiten aus dem Leben des Erzherzogs, zeigt die Ausstellung chronologisch, wie das dokumentarische Bestreben eine Zeit lang in den Hintergrund tritt – ab 1819 dreht sich auch künstlerisch alles um die Liebe des Erzherzogs zur Ausseer Postmeisterstochter Anna Plochl. Sie wurde ausführlich von Matthäus Loder dokumentiert: auf Aquarellen, aber auch kleineren, intimeren Bildern für Plochls Stammbuch, das ebenfalls zu sehen ist. Loder, der Lieblingsmaler der Erzherzogs, starb früh an Schwindsucht. Das Projekt der innerösterreichischen Bestandsaufnahme übernahm Thomas Ender. Er dokumentierte in Alpenpanoramen Österreich und Südtirol und begleitete den Erzherzog auf eine dreimonatige Reise auf die Krim, seine gemalte Reisereportage bildet den Abschluss der Schau.

Aber warum widmet sich ausgerechnet die Albertina den Kammermalern des Erzherzogs, dem Gründer des Universalmuseums Joanneum? Er war der Neffe des Albertinagründers Albert von Sachsen-Teschen, der seinem Erbneffen die bürgerliche Existenz in der Steiermark ermöglicht hat, erläutert Kuratorin Maria Luise Sternath.

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