Die „Parallel Vienna“ (bis 12.9.) ist wie immer eine überbordende Zusammenschau von so ziemlich allem, was Österreichs Kunstszene ausmacht: Etablierte Namen hängen hier nahe an Newcomern, und nicht nur Galerien und Institutionen gestalten Räume: Studierende, Off-Initiativen, geladene Künstlerinnen und Künstler sowie – heuer erstmals – Kuratorinnen und Kuratoren können sich ebenfalls entfalten.
Die Semmelweis-Klinik erweist sich dafür als dankbarer Boden – nicht nur wegen der im Vergleich zu früheren Messe-Ausgaben freundlichen Lichtsituation, sondern auch wegen des Symbolgehalts der Räume.
Im Wartezimmer
Luisa Hübner und Veronika Suschnig haben ein Zimmer etwa als weiß-rosa Warteraum gestaltet und zeigen dort Fotos und – etwa mit Rosendornen gearbeitete – Materialbilder, in denen ein Bewusstsein für Körpergefühle, Verletzlichkeit oder auch Hygienenormen anklingt. Die Plattform „Dessous“, die etablierte Größen wie Elisabeth von Samsonow und Karin Frank präsentiert, zeigt in einem einstigen OP-Saal eine teils deftige Installation zu Schwangerschaft und Sexualität; im Obergeschoß bieten Julia Bugram und Gloria Dimmel Besucherinnen an, einen Abguss ihrer Vulva anzufertigen – „selbstbestimmt“ und abseits fremder Blicke, versteht sich.
In dem Film „Beauty is Life“ von Jovana Reisinger führen Frauen wiederum real existierende, wie Foltergeräte anmutende Schönheitsgeräte vor und reden darüber. Das Publikum kann beim Anschauen auf Untersuchungsstühlen Platz nehmen.
Die Assoziation, dass die Kunstwelt auch selbst Patientin sein könnte, liegt nicht fern: Denn bei aller Kreativität tendiert die „Parallel“ oft ein wenig zur Selbstbespiegelung. Man fragt sich, wer all die Kunst – laut Leiter Stefan Bidner werden 10.000 m² bespielt – sehen, geschweige denn sammeln wird.
Lachen als Medizin
Das Festival „Curated by“ (bis 2. 10.) fügt dem Angebot noch rund 4000 m² Fläche in 24 Galerien hinzu. Das heurige Thema der kuratierten Sonderausstellungen, „Comedy“, signalisiert Lockerheit und ist, wie ein erster Rundgang zeigt, inhaltlich äußerst ergiebig.
An vielen Punkten – exemplarisch sei eine hervorragende, von Künstler Jannis Varelas kuratierte Schau bei „Krinzinger Schottenfeld“ erwähnt – mischt sich aber auch Galgenhumor ein, an mehreren Stellen begegnet das Bild, in dem jemand auf der Seife ausrutscht und sich mühsam wieder aufrappelt.
Die Messe „viennacontemporary“, die vergangene Woche auf Sparflamme stattfand, war lange eine Kraft, die internationales Publikum in die Stadt brachte – ohne ein solches, da sind sich viele befragte Protagonisten einig, wird Wiens Kunstherbst auf Dauer nicht funktionieren. Das Angebot, auf dem der Ruf als zeitgenössische Kunststadt gründet, ist aber nach wie vor da.
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