Da Vinci in Abu Dhabi: Kunstmarkt als Machtspiel

Members of Christie's staff pose for pictures next to Leonardo da Vinci's "Salvator Mundi" painting which will be auctioned by Christie's in New York in November, in London, Britain October 24, 2017. REUTERS/Peter Nicholls NO RESALES. NO ARCHIVES
Neu: Das Emirat Abu Dhabi - nicht ein saudischer Prinz - zahlte den Rekordpreis und will "Salvator Mundi" in Museen zeigen.

An kaum etwas lässt sich so hervorragend ablesen, wie grundlegend und rasant sich die Machtzentren der Welt derzeit verschieben, wie am Kunstmarkt.

Denn wenn es um Spitzenpreise – nicht unbedingt für Spitzenwerke – geht, sind Europa und Amerika abgemeldet. Das neue Geld, mit dem Prestige und Bedeutung auch am Kunstmarkt erkauft wird, liegt vielleicht gerade noch in Russland in Sichtweite; in den allermeisten Fällen aber in Asien und dem arabischen Raum.

Das hat sich nun wieder bewahrheitet – und zwar beim absoluten Spitzenpreis, der für ein nicht ganz unumstrittenes Gemälde gezahlt wurde. 450 Millionen Dollar erzielte "Salvator Mundi" von Leonardo da Vinci bei einer Auktion. Und diese Rekordsumme kam aus dem gut gefüllten Börserl der Vereinigten Arabischen Emirate.

Neu: Abu Dhabi, nicht der saudische Prinz besitzt das Bild

Am Freitag Neuw Yorker Ortszeit setzte das Auktionshaus Christie's einem verwirrenden Rätselraten um die Identität des Käufers ein Ende: Das Kultur- und Tourismusministerium von Abu Dhabi habe das Gemälde „Salvator Mundi“ ersteigert, gab das Auktionshaus Christie's laut Nachrichtenagentur Reuters bekannt.

Zuvor hatte ein Bericht der New York Times den bisher als Kunstsammler unbekannten Prinzen Bader bin Abdullah bin Mohammed bin Farhan al-Saud als den ursprünglich anonym gebliebenen Käufer geoutet, er sei ein Vertrauter des saudischen Kronprinzen Mohammed bin Salman, der gerade den Staat umkrempelt. Laut Wall Street Journal - das sich auf US-Geheimdienste beruft - war Prinz Bader nur Abwickler des Kaufes für den Kronprinzen.

Laut einem Dokument, aus dem Reuters zitiert, war Prinz Bader tatsächlich autorisiert, einen Betrag bis zu einem hammerpreis von 500 Millionen US-Dollar für das Gemälde zu bieten. Die Mittel kamen aber nicht vom saudischen Kronprinzen, sondern von der Regierung des Emirats Abu Dhabi, genauer gesagt von dem Ministerium für Kultur und Tourismus.

Stolzes Ankaufsbudget

Da Vinci in Abu Dhabi: Kunstmarkt als Machtspiel
Emirati fishmen cast their nets near the Louvre Abu Dhabi on November 11, 2017. / AFP PHOTO / KARIM SAHIB

In jedem Fall ist es ein symbolträchtiger Kauf. Denn "Salvator Mundi" soll alsbald im Louvre-Ableger in Abu Dhabi gezeigt werden. Den wundersamen Nouvel-Bau in der Wüste sieht nicht nur Die Zeit als "späte Rache des Südens am Norden und ebenso der Aristokratie am Plebs".

Denn mit ihren (noch) unerschöpflichen Mitteln kaufen sich die monarchistisch geführten Ölstaaten einen künstlichen Part im weltweiten Kulturgefüge. Eine Milliarde Dollar kostet der Name "Louvre" für 30 Jahre.

Der Westen sieht staunend zu; wenn etwa Scheicha al-Majassa bint Hamad bin Chalifa al-Thani aus Katar mit einer Milliarde Dollar jährlich weltweit Kunst kaufen geht. Da braucht man die Ankaufsbudgets der österreichischen Museen gar nicht erst zusammenrechnen. Sie kaufte etwa einen "Schrei" von Edvard Munch (es gibt mehrere, dieser kostete 120 Millionen Dollar) und "Nafea Faa Ipoipo" von Paul Gauguin (300 Millionen Dollar, damals das teuerste Kunstwerk).

Nun also geht auch das einzige Da-Vinci-Gemälde am freien Markt in den arabischen Raum. Nach dem Louvre soll es nämlich im internationalen Leihgabenzirkus Geld machen. Zumindest in den Märkten, die sich das leisten können. Erraten: Nach Asien und in den arabischen Raum soll der Da Vinci verliehen werden; er soll die Ersatz-Mona-Lisa für die nicht-westliche Welt werden.

Da können die westlichen Kunsthistoriker auf den unterschiedlichen künstlerischen Wert pochen, so viel sie wollen. Während es nämlich wegen der hohen Versicherungskosten in Europa und den USA zusehends schwieriger wurde, hochkarätige Werke aus aller Welt zu Blockbuster-Ausstellungen zu vereinen, gibt es anderswo Museen, die sich das leisten können.

Abgewickelt hat der Prinz den Kauf übrigens über zwei Investmentfirmen. Die überlegen auch, das Bild weiterzuverkaufen, sollte sich der Preis noch steigern lassen.

Aus Russland

Das ist nicht unrealistisch. Verkäufer war der im Exil lebende russische Milliardär Dmitri Rybolowlew. Der Besitzer des französischen Fußballklubs AS Monaco hatte das Werk vor vier Jahren für – man möchte fast sagen "nur" – 127,5 Millionen Dollar vom Schweizer Kunsthändler Yves Bouvier gekauft.

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