Cyrano de Bergerac ist hier der Star der Pariser Poetry-Slam- und Rap-Battle-Szene. Mit seinen Reimen demütigt er jeden Gegner. Nur bei seiner Cousine Roxane, die er heimlich anbetet, kann er nicht landen, denn die möchte einen Mann, der nicht nur Poet, sondern auch attraktiv ist. Aber Christian, den sie sich ausgesucht hat, ist kein Mann der Sprache. Also wird Cyrano sein heimlicher Souffleur, und das Verhängnis kann an die Arbeit gehen.
Die ebenso flotte wie charmante Inszenierung von Lily Sykes erinnert ein wenig an Jugendtheater oder an eine Abschlussarbeit an der Schauspielschule. Schon vor Beginn der Aufführung ist das Ensemble auf der an eine Schauspieler-Garderobe erinnernden Bühne (Márton Ágh) anwesend, es gibt Fechtübungen und Blödeleien mit dem Publikum. Immer wieder werden die Darstellen zu Musikern, formieren sich zur Punkrockband, und machen dabei durchaus gute Figur.
Überhaupt, die Darsteller: Wie so oft am Burgtheater sind sie famos und heben die Inszenierung über Durchschnittsmaß. Franz Pätzold ist zutiefst berührend als Cyrano, Tim Werths gibt einen ebenso maskulinen wie verzweifelten Christian, Lilith Häßle ist eine herrliche Roxane, zuerst zickig, dann abgründig.
Bless Amada glänzt als Cyranos Freund Lignière, außerdem als Spielansager und als Schlagzeuger. Alexandra Henkel, Gunther Eckes und Markus Scheumann in den übrigen Rollen sind ebenfalls sehr, sehr gut.
Die Inszenierung hat ein paar sehr komische Slapstick-Momente – etwa, als Christian mit einem Stift zu kämpfen hat – aber am besten ist sie, wenn sie zur Ruhe kommt. Die Todesangst der halb verdursteten Soldaten vor der Schlacht etwa wird sehr glaubwürdig dargestellt.
Die – in Reimen gefasste – Neufassung des Textes ist witzig: Roxane ist hier zum Beispiel eine Studentin, die eine Vorlesung über „Frauen und der männliche Blick in der Frühmoderne“ besucht. Cyrano dichtet „wichstaugliche Prosa“.
Manches („potthässlich“) klingt auch sehr deutsch. Ob der Abend tatsächlich einen neuen Blick auf das Drama ermöglicht, bleibt fraglich. Im Kern ist das einfach eine große, traurige Geschichte über Liebe, Freundschaft, Krieg und die Magie der Sprache, die man gar nicht „neu“ erzählen müsste.
Die quirlige, sympathische Aufführung wird trotz einiger Plattheiten ihr – möglicherweise junges – Publikum finden. Vom Premierenpublikum gab es sehr freundlichen Applaus.
Am Ende, bei Cyranos sehr zart gespielter Sterbeszene, findet der Held das letzte Wort nicht mehr, das ihm als Held eigentlich zusteht. Es lautet: Wort.
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