Christopher Plummer jagt alte Nazis

Bruno Ganz (li.) und Christopher Plummer stellen sich in dem bizarren kanadischen Wettbewerbsbeitrag von Atom Egoyan der Nazi-Vergangenheit: „Remember“.
Doku über Helmut Berger sorgt für viel Aufregung. Und "Remember" ist eine missglückte Nazi-Kolportage.

Das Filmfestival in Venedig geht ins Finale – und bereits Samstagabend werden die Löwen-Preise verliehen. Die Temperaturen am Lido sind spürbar gefallen, der Starrummel hat sich verlaufen.

Österreichischer Beitrag lief keiner im Wettbewerb, aber auch ohne Ulrich Seidl kam es zu einer (kleinen) Aufregung. Diesmal dank des Salzburger Regisseurs Andreas Horvath und seiner Doku "Helmut Berger: Actor". Man hätte ihn vorwarnen müssen, beschwerte sich ein deutscher Kollege nach dem Screening: "Ihr Österreicher macht immer so arge Filme."

Speziell eine sehr explizite Szene, die Berger beim Masturbieren zeigt und in ihrer Ausführlichkeit einigermaßen strapaziert, sorgte für Erregung. Er spiele doch nur eine Rolle, beteuert Berger, ehemals "schönster Mann der Welt" , während er in einer schäbigen Salzburger Neubauwohnung inmitten seiner Erinnerungen an glamouröse Zeiten sitzt. Zahllose Fotos von Stars wie Romy Schneider oder Brigitte Bardot plakatieren die Wände, leere Weingläser zeugen von durchzechten Nächten.

Berger hockt mit zerrauftem Haar im Chaos, verweigert jede Art von Interview und beschimpft zwischendurch den Regisseur. Irgendwann brüllt dieser zurück ("Don’t hit me, you fucking asshole!"), und man wartet förmlich darauf, dass sich die beiden zu prügeln beginnen. Soweit kommt es zwar nicht; trotzdem bleibt "Helmut Berger: Actor" ein wüster Film, der in erster Linie von seinem Scheitern erzählt.

Bergers Manager reagierte empört und behauptete gegenüber der APA, er hätte von diesen "menschenverachtenden Szenen" nichts gewusst: Berger sei mit diesem Film "enthauptet" worden, niemand würde ihn jetzt noch buchen. Ein großer Vorwurf; doch dass Helmut Berger eine schwierige Persönlichkeit ist, wusste man auch schon vor Horvaths Porträt.

Schäferhund Eva

Made in Austria ist auch eine Glock-Pistole, die Christopher Plummer im Waschbeutel mit sich herumträgt, um einen alten Nazi zu erschießen. In "Remember", dem Rache-Thriller des Kanadiers Atom Egoyan, spielt der 85-jährige Plummer einen dementen Ex-KZ-Häftling namens Zev, der sich an dem Mörder seiner Familie rächen will. Zev reist nach Kanada, wo er Überraschungsbesuche bei verdächtigen alten Herren absolviert.

So trifft er auf den Sohn eines alten Nazis und dessen Schäferhund Eva; oder auf einen suspekten Greis (Jürgen Prochnow in schlechter Maske), der mitten in Kanada eine bayerische Blockhütte bewohnt. All diese bizarren Details lassen "Remember" eher an eine missglückte Nazi-Kolportage als an einen seriösen Bewältigungsthriller erinnern – vom grotesken Ende ganz zu schweigen.

Was tatsächlich ein guter Filmemacher ist, daran erinnerte ein Gala-Abend für US-Profi Brian De Palma. Chiara Mastroianni überreichte De Palma ("Mission: Impossible") einen Ehrenpreis, bevor im Anschluss daran die zügige Doku "De Palma" von Noah Baumbach und Jake Paltrow (kleiner Bruder von Gwyneth) gezeigt wurde.

Journalisten hätten ihn oft gefragt, was er auf Filmfesten mache, erzählt De Palma in seiner Dankesrede. Ob er einen Film laufen habe? Nein, so seine Antwort: "Ich mache das Gleiche wie Sie. Ich schau’ mir gerne Filme an."

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